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Rechtschreibforum

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Re: Doppelpunkt, Klammer und gendern

Autor:Bedenkentraeger
Datum: So, 11.01.2015, 20:32

> Hallo,

> muss bei einem Satz wie diesem "Telefonische Anmeldungen
> unter der Telefonnummer: xxx erbeten." ein Doppelpunkt nach
> "Telefonnummer" stehen?

> "Verantwortlich für den Inhalt nach § xxx: Max
> Mustermann" Muss hinter dem Namen ein Punkt stehen?

> Wann steht innerhalb einer Klammer ein Punkt? "Gehen Sie
> zur Anmeldung und fragen Sie nach Hausnummer 50 (nicht nach dem
> Vereinsnamen fragen, da dieser den Pförtnern nicht immer bekannt
> sind)." Müsste "nicht" jetzt groß sein und nach
> "sind" ein Punkt stehen?

> Wie gendert man richtig? "Mitarbeiter/innen" oder
> "Mitarbeiter/-innen" oder
> "Mitarbeiter(innen)" oder
> "Mitarbeiter(-innen)"?

> Einen schönen Sonntag!
> Lisa

* * *

> Hallo Kai,

Hallo Lisa,

da Kai deine späte Nachfrage hier offensichtlich nicht bemerkt hat, erlaube ich mir, dir zu antworten. Leider komme ich bei der Beantwortung solcher schwieriger Fragen nicht mit einem Wort aus. Diese Kunst bleibt weiterhin Kai vorbehalten.

> also ein Doppelpunkt muss in beiden Fällen nicht stehen, kann aber?
> Gibt es dazu auch eine Regel, die ich nachlesen kann? Was wird denn empfohlen?

Kais „Nein“ bezog sich natürlich nur im ersten Fall auf die Frage, ob ein Doppelpunkt stehen sollte, denn nur im ersten Fall (nach Telefonnummer) hattest du danach gefragt.

Die von dir mit xxx angedeutete Ziffernfolge ist in solchen Fällen eine nahe Apposition beim Bezugswort Telefonnummer; ihr wird deshalb kein Doppelpunkt vorangestellt.

Analoge Beispiele wären: Anmeldungen im Haus A/im Zimmer 12/am Schalter II/bei Herrn Meier/in der Abteilung Kundendienst erbeten. In keinem dieser Fälle steht ein Doppelpunkt.

Wichtig ist dabei, dass die Konstruktion aus Bezugswort und Apposition nur deshalb als solche identifiziert werden kann, weil sie in einen weiteren Kontext eingebettet ist: Anmeldungen unter […] erbeten. Es wird also über die gesamte Phrase, über die Telefonnummer xxx etwas ausgesagt.

Anders ist dies in deinem zweiten Beispiel. Hier wird nicht etwa eine Aussage über den verantwortlichen Max Mustermann getroffen, sondern es wird lediglich gesagt, dass Max Mustermann verantwortlich sei. In solchen Fällen wird der Doppelpunkt gesetzt. § 81 (2) bringt dazu unter anderem folgende Beispiele:

Nächste Arbeitsberatung: 30.09.2006
Familienstand: ledig
Latein: befriedigend

Qelle: www.korrekturen.de/regelwerk/zeichensetzung2-2.shtml#P81


In all diesen Fällen ist eine Interpretation als Bezugswort und Apposition nicht möglich, weil über diese gesamte Phrase dann keinerlei Aussage getroffen würde.

* * *

Zu deiner zweiten von Kai völlig berechtigt mit „Nein“ beantworteten Frage, nämlich, ob nach Mustermann ein Punkt stehen müsse, möchte ich noch eine Bemerkung hinzufügen. Das Kriterium dafür, ob der Punkt stehen muss, ist nicht im Satz selbst enthalten.

Im Allgemeinen steht hinter einem Satz ein Punkt (wenn nicht ein Fragezeichen oder ein Ausrufezeichen oder ein Komma oder ein Semikolon oder ein Gedankenstrich oder ein Doppelpunkt …), auch wenn er von Max Mustermann, auch wenn er von dessen Verantwortlichkeit nach welchem Paragraphen welches Gesetzes auch immer handelt.

Das Kriterium dafür, dass trotz des Fehlens der sonstigen oben genannten Satzzeichen kein Punkt folgt, ist das der „freistehenden Zeile“ (siehe § 68, www.korrekturen.de/regelwerk/zeichensetzung1.shtml#P68). Da Formulierungen, wie von dir hier angegeben, meistens allein in freien Zeilen stehen, wird nach diesen also kein Punkt gesetzt. Falls aber wider Erwarten eine solche Formulierung in einem Fließtext benutzt wird, muss selbstverständlich ein Punkt folgen.

* * *

> "Mitarbeiter/innen" oder "Mitarbeiter/-innen"
> Und die erste Variante ist besser?

Mitarbeiter/innen

Ja, Kai hat ausdrücklich erklärt, dass er die erste Variante für die bessere von beiden hält. Das sehen wohl auch Anatol Stefanowitsch, Susanne Flach & Fatih Özcan so, die Autoren des Artikels „Integration durch Sprachvorschriften?“ (siehe http://www.sprachlog.de/2014/12/10/integration-durch-sprachvorschriften/). Dort gehen sie allerdings wohl etwas zu weit, wenn sie von „Zuwander/innen“ schreiben. Ich selbst habe kein Problem damit, dass hier die Zuwanderer nicht mit genannt werden, frage mich aber, warum das schöne Wort Zuwanderinnen dann so schräg durchgeschnitten werden muss.

Mitarbeiter(innen)

In Richtiges und gutes Deutsch (Dudenverlag, 7. Auflage, Mannheim 2011, S. 417 f.) wird auch die von dir erfragte Variante „Mitarbeiter(innen)“ (hier in Klammern also ohne Ergänzungsstrich) als eine mögliche vorgestellt. Sie werde aber wohl „vielfach nicht empfohlen, weil sie den Eindruck erwecke, die feminine Form sei zweitrangig und weniger wichtig.

Mitarbeiter/-innen

Ebendieser Eindruck wird nun wiederum bei Kai erweckt, wenn er „Mitarbeiter/-innen“ liest. Sehr viele Eindrücke, sehr starke Emotionen, von der wohligen Zufriedenheit, gemeint, mitgemeint oder ausschließlich gemeint zu sein, bis hin zu Wut und Raserei, können heute in modernen Texten mittels verschiedener gebogener oder gerader, senkrechter, waagerechter oder schräger Striche und anderer an Personenbezeichnungen angefügter Zeichen erzielt werden. Diese Möglichkeiten hatten Schreiberinnen vergangener Epochen nicht.

Duden übt an der Schreibweise „Mitarbeiter/-innen“ keinerlei Kritik, weist aber ausdrücklich darauf hin, dass der Ergänzungsstrich „notwendig“ (ebd.) sei, weshalb die Form ohne Ergänzungsstrich, aber mit Schrägstrich wohl implizit nicht als korrekt angesehen wird.

MitarbeiterInnen

Duden führt auch die Schreibung „MitarbeiterInnen“ mit Binnenmajuskel an; dazu wird jedoch ausdrücklich gesagt: „Die gültigen Rechtschreibregeln sehen Großschreibung im Wortinnern nicht vor“ (ebd.).

Mitarbeiter_innen oder Mitarbeiter*innen

Dieser Vorschlag wurde unter anderem von der Universität Potsdam vorgetragen:

Der Unterstrich ist ein Mittel der sprachlichen Darstellung aller sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten mit der Intention, durch den Zwischenraum auch denjenigen Menschen sprachlich gerecht zu werden, welche nicht in das ausschließliche Frau/Mann-Schema hineinpassen oder nicht hineinpassen wollen, wie Intersexuelle oder Transgender.

Quelle: http://www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/gleichstellung/assets/OEffentlichkeitsarbeit/Publikationen/Leitfaden_2013.pdf

Ich fürchte allerdings, dass sich lediglich besonders devote Transgender durch einen solchen flachgelegten Strich angemessen repräsentiert fühlen. Völlig unklar bleibt für mich der Bezug auf Intersexuelle, aber eine diesbezügliche Diskussion würde den Rahmen dieses Beitrages endgültig sprengen.

Etwas irritiert mich allerdings auch die vorangehende Doppeltnennung von „nicht […] hineinpassen [!] oder nicht hineinpassen wollen.“ Die Freiheit all derer, die nicht hineinpassen wollen, in allen Ehren. Aber worauf bezieht sich eigentlich die vorher genannte Alternative?

Mitarbeiter-/innen

Potsdam ist offensichtlich ein sehr kreatives Fleckchen Erde. Diesen originellen Vorschlag unterbreitet das dortige Duden Institut, zumindest in der Schreibweise „Erzieher-/innen“ (siehe http://www.duden-institute.de/Potsdam/7072_Informationsabend-fuer-Eltern-und-Erzieher-innen-Fuer-einen-guten-Start-in-die-Schule-Lernvoraussetzungen-spielerisch-entwickeln.htm?nId=332).

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Für eine Anrede etwa am Beginn eines Textes oder einer Rede war dies lange Zeit eine sehr gute Form. Wenn man sich im Text mit Attributen und mit bezugnehmenden Pronomen herumschlägt, wird die Sache aber schnell unhandlich und überdeckt dann oft das eigentliche Thema.

Außerdem ist vorerst nicht zu erkennen, wie hierbei in Zukunft die Rollenverweigerer angemessen repräsentiert werden sollen, welche zumindest für die oben gezeigten Varianten schließlich nicht ohne eine Wirtsgeschlechtsform auskommen, in die ihre Repräsentation (etwa Unterstrich oder Stern) eingebettet werden kann.

Mitarbeitx

Dieser sehr moderne Vorschlag stammt von Professx Hornscheidt. Dabei hat sich natürlich schon manchx Lesx gefragt, wie das wohl ausgesprochen werde, und so fragte es kürzlich auch einx Journalistx dx Professx. Diesx sagte hierzu, es sei „eigentlich ganz einfach, denn das x wird im Deutschen stets ‚iks‘ ausgesprochen“ (siehe www.fr-online.de/kultur/professx-lann-hornscheidt-sexismus-in-der-sprache,1472786,29404464.html, Hervorhebung durch mich).

Da fragt sich zwar dx Förstx mit seiner Ixt in der Hand, was das für Fixen sind, ob das ein Jix sein soll, aber einx Waldarbeitx ist schließlich auch keinx „Person mit sprachwissenschaftlicher Ausbildung“ (ebd.) wie dx Professx.

Von jeglicher Kritik an Professx Hornscheidt, die sich nicht auf den x-Vorschlag und auf solche absonderlichen Aussagen über die Aussprache dieses Buchstabens in der deutschen Sprache bezieht, möchte ich mich ausdrücklich distanzieren!

Mitarbeitende

Ebenfalls ein vielbeachteter Vorschlag. Subtile Bedeutungsunterschiede etwa zwischen Schlafenden und Schläfern oder zwischen Trinkenden und Trinkern können dadurch leider nicht mehr dargestellt werden.

Und auch dieser Vorschlag hat seine Tücken! Wenn man es wie Frau Dr. Güthert, die Geschäftsführerin des Rats für deutsche Rechtschreibung, angeht, ist die ganze Partizipbildnerei natürlich umsonst: „Sie [die Getrennt- und Zusammenschreibung] dient dem Lesenden als zusätzliche Informationshilfe“ (siehe http://pub.ids-mannheim.de/laufend/sprachreport/pdf/sr11-extra.pdf).

Im Übrigen möchte ich hier keinesfalls den Eindruck erwecken, es handele sich um ein Versehen. Im angegebenen Dokument werden Lesende und Schreibende konsequent in ihrer männlichen Form gebraucht. Warum hier nicht stattdessen Leser bzw. Schreiber gebraucht wurde, bleibt mir verborgen.

* * *

Deine ursprüngliche Frage, Lisa, wie man wohl richtig gendere, ist also eine ebenso schwierig zu beantwortende, wie die Frage, wie man wohl richtig schreibe. In beiden Fällen sollte zunächst nach dem Warum gefragt und daraufhin sorgsam über das Ob entschieden werden. Manchmal erübrigt sich dann sogar die Frage nach dem Wie.

Andernfalls steht man vor einer durchaus schwierigen Aufgabe. Ich empfehle in den Fällen, in denen man sich für das Schreiben und für das Gendern entschieden hat, ausschließlich die weiblichen Formen zu verwenden. Ich liebe die weiblichen Formen!

* * *

Ich hatte es in der Diskussion mit Kai schon einmal erwähnt. Das Verb im Nebensatz in der Klammer sollte besser im Singular stehen:

Gehen Sie zur Anmeldung und fragen Sie nach Hausnummer 50 (nicht nach dem Vereinsnamen fragen, da dieser den Pförtnern nicht immer bekannt ist).

* * *

In der Sache selbst würde ich aber dennoch empfehlen, zuerst nach dem Vereinsnamen zu fragen und nur in den selteneren Fällen, in denen die Pförtner keine Auskunft geben können, nach der Hausnummer 50.

Dies hätte nämlich den positiven Effekt – positiv ist er natürlich nur, wenn er erwünscht ist –, dass sich der Vereinsname weiter herumspräche – was zugegebenermaßen wiederum nur zutrifft, wenn du mit „den Pförtnern nicht immer bekannt“ so etwas wie nicht allen Pförtnern bekannt meinst.

Falls es jedoch tatsächlich so schlimm ist, wie du es geschrieben hast, und die Pförtner somit ohnehin keine wünschenswerten Multiplikatoren wären, kann man es natürlich auch ganz diskret bei der griffigen Hausnummer belassen.

Je suis Charlie
Je suis juif
Je suis musulman
Sceptique

 

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Lisa -- So, 21.12.2014, 12:29
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