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Re: Frage zur Kommasetzung bei Infinitivsätzen

Autor:Bedenkentraeger
Datum: Mi, 21.01.2015, 20:42

Hallo Martin,

auch einem ausgewiesenen Hedonisten wird jedes Genießen irgendwann zu viel. Da hier ohnehin wieder einmal kein großes Gelächter ausgebrochen ist, folgen nun doch ein paar ernsthafte Bemerkungen zum fraglichen Satz.

Um den Infinitiv zu genießen herum lassen sich im gegebenen Beispiel mindestens drei korrekte Varianten der Kommasetzung denken:

Das Vermögen zu genießen, wird als … definiert …
Das Vermögen, zu genießen, wird als … definiert …
Das Vermögen zu genießen wird als … definiert …

Die erste, in der Diktat-Truhe (siehe: www.diktat-truhe.de/diktate/das-vermoegen-zu-geniessen.html) gewählte Variante ordnet die Nominalphrase das Vermögen eindeutig der Infinitivgruppe das Vermögen zu genießen zu, und zwar als Akkusativobjekt des Verbs genießen; vergleiche etwa in analoger Konstruktion: das Ersparte zu verprassen/die Schnecke zu vernaschen.

In der zweiten Variante, in der zu genießen mit paarigem Komma eingeschlossen ist, wird die Nominalphrase das Vermögen eindeutig dem Hauptsatz Das Vermögen … wird als … definiert als Subjekt zugeordnet.

Da es sich bei den ersten beiden Varianten gemäß § 75 E2 (siehe: www.korrekturen.de/regelwerk/zeichensetzung2-1d.shtml) jeweils um optionale Kommas handelt, ist in beiden Fällen auch die Schreibung ohne Komma korrekt. Die Eindeutigkeit der Zuordnung der Substantivphrase das Vermögen ist dann allerdings nicht mehr gegeben.

Die in der Diktat-Truhe gewählte Variante ist also sowohl korrekt als auch eindeutig. Insofern ist dagegen nichts einzuwenden. In einer Korrekturvorlage für Diktate sollten jedoch optionale Kommas in Klammern gesetzt und auch alternative Zeichensetzungen angegeben werden. Bei drei verschiedenen Möglichkeiten der Kommasetzung muss man dem Satz die Eignung für ein Diktat wohl grundsätzlich absprechen.

Außerdem sollten für Diktate gewählte Texte kohärent sein, also semantisch zusammenhängend, was aufgrund des hier betrachteten Satzes bei gegebener Kommasetzung leider nicht gegeben ist. Ebenso wenig ist die betrachtete Stelle in den Audio-Dateien so deutlich artikuliert, dass man für die Kommasetzung eine klare Entscheidung treffen könnte.

Dass die Diktat-Truhe ohnehin nicht gerade als ein Hort des Wissens von der Kommasetzung betrachtet werden kann, zeigen auch die folgenden Äußerungen, die alle auf www.diktat-truhe.de/regeln-zeichensetzung.html zu finden sind:

Ein Komma muss gesetzt werden, wenn die Infinitivgruppe (mit "zu") von einem Verweiswort wie "damit", "dazu" oder "es" abhängt:

"Er dachte, es zu wissen."

Und wusste es doch nicht. Das Beispiel zeigt keineswegs ein Verweiswort, von dem eine Infinitivgruppe abhängt; vielmehr ist es auch hier Bestandteil der Infinitivgruppe und ist Akkusativobjekt beim Verb wissen. Das Komma ist optional.
Manchmal kann, und manchmal muss (siehe oben drüber) ein Komma bei Infinitivgruppen gesetzt werden.
Das ist wohl wahr; das im zitierten Satz stehende Komma entfällt jedoch.
Es sieht aber manchmal einfach nicht schön aus eines zu setzen …
Und hier bestand die schöne Gelegenheit, die obligatorische Kommasetzung bei einer Infinitivgruppe, die von dem Verweiswort es abhängt, zu zeigen. Leider wurde sie vertan.

Viele Grüße vom
Bedenkenträger

 

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Martin -- Mo, 19.1.2015, 23:54
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Bedenkentraeger -- Di, 20.1.2015, 01:27
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Bedenkentraeger -- Mi, 21.1.2015, 20:42