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Rechtschreibforum

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Re: In Zeiten wo

Autor:Karla Krauschen
Datum: So, 25.10.2015, 16:48
Antwort auf: Re: In Zeiten wo (Gerfried Schmidt)

> Fuß - Füße ..., Fluß - Flüsse.
> Ein einziges dieser vier Wörter hat dereinst Logik vermissen
> lassen,

Die Logik war ganz einfach: ss am Schluß bringt Verdruß. Logik läßt das erst vermissen, wenn man die neue Regel zugrundelegt. Nach der müßte man dann allerdings auch Bildniss, Kenntniss, Nordseeküsste, eißlaufen, außwählen u.a. schreiben; das tut man aber nicht, die Laut-Buchstaben-Zuordnung ist also kaum einheitlicher geworden. Legt man das Stammprinzip zugrunde, erhält man außerdem andere Ausnahmen als früher:
alt: genießen, genoß; neu: genießen, genoss. So ist dann, unter dem Stammprinzip betrachtet, die Neuschreibung bei einigen Wörtern unlogischer.

Die Frage bei dem ganzen ist: Was gewinnt man, wenn man die Logik ändert? Für den Schreibenden nichts, denn die alte s-Schreibung war nicht schwieriger als die neue. Für den Leser aber verliert man etwas, denn Wörter wie Essstäbchen, Messergebnis, Schlossstraße und Basssaxophon sind ein Ärgernis. Fehlerträchtiger ist's obendrein; die 'Nusschokolade' hätte man vor der Reform vielleicht im Schulheft eines Erstkläßlers gefunden, heute genügen wenige Sekunden Googeln, um zu erkunden, daß sich Schreibende bei der Anzahl ihrer s gerne verzählen:
http://www.schafschoki.de/tag/Nusschokolade-ag/ (Nusschokolade)
http://www.ortsdienst.de/hessen/fulda/fulda/polizei/stadtwache-fulda-inst357072/ (Schlosssstraße)

Die Reform hatte offensichtlich ihren Preis. Neben der schlechter lesbaren s-Schreibung gehört dazu die seltsame Vermehrung von Großschreibungen (des Öfteren), die schlechter lesbare Kommasetzung bzw. Nichtkommasetzung, und die Aufgabe lange gewohnter Wortbilder. Und all das setzte eine Handvoll eitler Reformer gegen die Mehrheit der Deutschen durch -- schlimmer, es setzte auch noch ein einzelner, nämlich Gerhard Augst, seine Schnapsideen 'Gämse', 'aufwändig', 'Stängel', 'überschwänglich' u.a. durch.

Es ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, daß Schreibweisen sich bisweilen ändern. Das ist ein allmählicher Prozeß, der behutsam verläuft: Erst schreibt man 'Telefon', dann schreibt man auch 'Orthografie', und vielleicht schreibt man irgendwann auch 'Ortografie' und 'Fysik'. Nur verordnen kann und darf man so etwas nicht; schon gar nicht darf das die Politik, die mit der Reform ihre Zuständigkeiten sträflich überschritten hat. Immerhin gibt das der Vorsitzende des Rechtschreibrats, Zehetmair, heute unumwunden zu und beteuert seit längerem immer wieder, daß die Reform ein Fehler war. Die Einsicht kommt leider zu spät, und die Reparatur des Fehlers ist schon lange im Sande verlaufen, sie ging ungefähr so zu Ende:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/rechtschreibreform-ja-da-kann-man-nur-noch-gehen-1308047.html?printPagedArticle=true

 

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