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Nachgefragt

selbst oder selber

Nicht immer ist die Trennlinie, ob ein Wort der Standard- oder der Umgangssprache zuzuordnen ist, klar zu ziehen. Im Falle von selbst oder selber findet man oft unterschiedslos beide Varianten des Pronomens. Grund genug, einmal nachzufragen, wie es um die Umgangssprachlichkeit von selber mittlerweile bestellt ist.

Frage:
Das Pronomen selber wird in Wörterbüchern – so auch im Duden – zumeist als umgangssprachliche Variante von selbst gekennzeichnet. Jedoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Form selber auch in durchaus standardsprachlichen Quellen, etwa Zeitungen und Zeitschriften, immer häufiger vorkommt. Überdies scheinen mir auch hin und wieder Bedeutungsunterschiede vorzuliegen; so betont die Wendung »selber machen« gegenüber »selbst machen« offensichtlich stärker die Eigeninitiative, das Basteln, das Kreativsein. Meine Frage daher: Woran macht sich die Entscheidung eigentlich fest, selber der Umgangssprache zuzurechnen? Meiner Meinung nach befindet sich das Wörtchen längst auf dem Weg in die Standardsprache – wenn es dort nicht bereits schon angekommen ist.
Julian von Heyl, korrekturen.de

Antwort:
Ihre Einschätzung wird ein wenig durch unsere Ausführungen in der jüngsten Auflage von Duden 9 gestützt, wo wir den Unterschied schon sehr behutsam formulieren.*

Es ist insgesamt schwer, stilistische Einordnungen (in Übergangsfällen, oft aber auch grundsätzlich) genau zu begründen – auf viel mehr als die Beobachtung, in welchen Kontexten und Situationen die Wörter gebraucht werden, kann man sich kaum stützen. Für mein Empfinden, dass »selber« doch noch nicht ganz in der Standardsprache angekommen ist, spricht der Befund, dass im Dudenkorpus »selbst« immerhin rund zehn Mal so häufig gefunden wird. Auch wenn man veranschlagt, dass vielleicht die Hälfte davon auf Verwendungen wie »selbst wenn« und »selbst dann« entfällt, bleibt der Unterschied deutlich.
Dr. Werner Scholze-Stubenrecht, Leiter der Dudenredaktion

———
* Die Formulierung im Duden 9 lautet:
Die Form selbst gehört mehr der Standardsprache oder der gehobenen Sprache an, die Form selber dagegen wird zuweilen als umgangssprachlich empfunden.
© Duden – Richtiges und gutes Deutsch, 7. Aufl. Mannheim 2011 [CD-ROM]

Julian von Heyl am 15.12.11 | Kommentare (28) | Visits: 2916

Rubrik Nachgefragt:

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Kommentare

1  von Lochow

Guten Tag,

Ich dachte immer es gäbe keinen Superlativ von selbst ?

MfG

A.v.Lochow

Geschrieben von von Lochow am 30.01.13 11:45

2  Steven

Guten Tag Herr Lochow,

wäre es dann nicht der Komperativ?

Positv - selbst
Komperativ - selber
Superlativ - selberst

Ich persönlich bleibe bei selbst, klingt für mich auch angenehmer.

Mit freundlichen Grüßen
Steven

Geschrieben von Steven am 06.03.13 08:45

3  Julian von Heyl

Um es kurz klarzustellen: Natürlich hat die Form selber weder mit dem Komparativ (sic!) noch mit dem Superlativ etwas zu tun.

Geschrieben von Julian von Heyl am 06.03.13 15:33

4  Christina

Achso, hier gehts um Komparation! Wieder etwas verstanden.

Positiv: selb
Komparativ: selber
Suberlativ: selbst

;-)

Geschrieben von Christina am 08.06.13 23:52

5  Claudio

Liege ich falsch in der Annahme, dass der Unterschied zwischen selber und selbst so definiert werden kann:

selber:
Ich selber habe es angefertigt. (Betonung also auf das Ich.)

selbst
Selbst ich war in der Lage, es anzufertigen. (im Sinne von sogar ich schaffte es.)

Geschrieben von Claudio am 19.02.17 10:44

6  Christoph

Könnte es sein, dass der gebrauch auch regional unterschiedlich ist.

Nach meinem Gefühl wird in Österreich und Bayern eher "selber" und in Norddeutschland eher "selbst"

Ich selber bin Wiener: Im Österreichischen Wörterbuch findets sich auch keine unterschiedliche Wertung von selber/selbst

Geschrieben von Christoph am 20.07.17 12:26

7  Renato Schumacher

Ich habe es SELBST gemacht = Ich bin der Urheber. Ich habe es SELBER gemacht = ich musste es alleine machen.

Geschrieben von Renato Schumacher am 02.10.17 10:44

8  Angelika Dalibor

In der Schule hieß es: Selber, selber sagen alle Kälber....
Wir sollten ausschließlich das Wort selbst benutzen.

Geschrieben von Angelika Dalibor am 07.08.18 18:47

9  Krokant

Ein anderer Ansatz:
Man kann die Eigeninitiative als (1) unabhängig von anderen oder (2) im Vergleich zu anderen darstellen.
Eine Verwendung von "selbst" halte ich für (1) sinnvoll, eine Verwendung von "selber" für (2).
Beispiel:
Ich mache es selber - und kein anderer (Hier liegt der Fokus auf mehreren abstrakten Objekten und deren Unterschied)
Selbst wenn (...) (Hier liegt der Fokus nur auf einem abstrakten Objekt)

Geschrieben von Krokant am 08.12.18 18:44

10  Thomas C. Gass

Ich bin der Meinung, dass "selber" vor allem dort eingesetzt werden soll, wo eine Verwechslung mit der Doppeldeutigkeit von selbst=sogar vermieden werden muss, also zum Beispiel:

"Die Kinder sollen selber musizieren" (=aus eigenem Antrieb) versus "Die Kinder sollen selbst musizieren" (=sogar das sollen sie lernen)

Oder liege ich da falsch?

Geschrieben von Thomas C. Gass am 21.12.18 11:24

11  M. C. Onrad

Bin eigentlich nur auf diese Seite gestoßen, weil ich in einem Bewerbungs-Anschreiben las "... bin darüber hinaus auch bereit, mich selber ... über ... zu informieren" und mir dachte: "Das geht doch GAR NICHT." Ich würde "selbst" stets bevorzugen. "Selber" hat für mich etwas äußerst Umgangssprachliches - z. B. wenn einer sagt "Du bist doof!" und der andere antwortet trotzig "Selber!"
Den Satz "Die Kinder sollen selbst musizieren" im 10. Kommentar würde ich IMMER als "aus eigenem Antrieb" verstehen. Möchte ich mit dem "selbst" dagegen andeuten, die Kinder sollen "sogar das" lernen, würde ich das Wort an den Anfang des Satzes stellen: "Selbst musizieren sollen die Kinder" bzw. wenn AUCH die Kinder musizieren sollen, dann "Selbst die Kinder sollen musizieren". "Selber" klingt meiner Meinung immer hässlich und tatsächlich umgangssprachlich.

Geschrieben von M. C. Onrad am 06.02.19 10:33

12  Helmut Eppler


LEBENSWEISHEIT

Nur die allerdümmsten Kälber,
wählen ihre Metzger selber!

Begründung:Selber reimt sich besser auf Kälber,als selbst!!!

Kleiner Scherz! (kicher, kicher)

Geschrieben von Helmut Eppler am 11.02.19 16:03

13  Widdy Sprechowsky

Verstrickt sich der Herr Duden da nicht in Widersprüche,
wenn er zwar einerseits auf die statistische Verbreitung des "Selbst" im Dudenkorpus rekurriert, also damit eigentlich einen Bedeutungsunterschied wegmittelt, andererseits aber gleichzeitig bedeutungszusammenhängende Wortaggregate wie
"selbst wenn" aufzeigt, die als "selber wenn" schlicht undenkbar, noch weniger aussprechbar sind und gleichzeitig doch genau einen Bedeutungsunterschied aufzeigen?
("selber wenn" wäre dann die Semantik des "selber" von kleinen Kindern, die hier offensichtlich nicht greifen kann, während "selbst wenn" eine statistisch unwahrscheinliche Ausnahmespekulation darstellt)

Geschrieben von Widdy Sprechowsky am 12.03.19 10:20

14  Woddo Sprochowski

Vielleicht sollte man ja genau an o.a. Beispiel des
unaussprechlichen Widdy Sprechowsky noch einmal kurz den
durchaus erkennbaren semantischen Unterschied herausarbeiten:
"Selber" spricht der Handwerker von seiner Person, wenn er sich mit dem Hammer selber auf den dicken Finger schlägt und dies seiner werthen Gattin berichtet.
Wenn er dann aber von dem dabei entstandenen Möbel im Kreise seiner Kreditgeber pralt, spricht er von "Selbstgemacht" und meint damit allgemein den Sachverhalt, bei dem seine Person bzw. keine andere entferntstehende Institution den meistgewichteten schlagkräftigsten Einfluss hatte.
Selbst hierbei muss man ja etwas nachdenken, aber man stellt wie üblich fest, dass dieses Nachdenken doch anstrengt, was nicht jedermanns Sache zu jedem Zeitpunkt ist, womit sich die dudenmitarbeiterstatistisch abgesicherte etwas verwaschene Verwendung des "selberselbst" erklärt.
Was normal normal ist und man verstehen kann.

Geschrieben von Woddo Sprochowski am 12.03.19 10:32

15  Wudu Schreibumsky

An die Herren Vorredner SprXYZky:
Gehe ich recht in der Annahme, dass der Herr Nummer 5 Claudio oder so schon genau diesen semantischen Unterschied intuitiv erfasste, aber nicht so genau artikulierte um vermutlich nicht die Luft aus dem Gefecht zu nehmen?

Geschrieben von Wudu Schreibumsky am 12.03.19 10:36

16  Achim

Ich tendiere ebenfalls zu einer mundartlich/geographischen Nutzung des einen oder anderen. Allerdings gehe ich von der hochdeutsch-verbrieften Variante des "selbst" aus und bleibe gerne dabei. Das Schriftdeutsch sollte sich diesem Modus uneingeschränkt befleißigen - was dahergeredet wird, ist doch weitgehend etwas anderes, was sich u.a. in dem badischen "als wie" mehr als manifestiert hat.

Geschrieben von Achim am 22.01.20 12:52

17  Charlotte Kunz

Es gibt ein Sprichwort das heisst: nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.
Somit sind wir wider bei den Kälber, wie das Beispiel zeigt von A. Dalibor zeigt.

Geschrieben von Charlotte Kunz am 25.05.20 13:22

18  Charlotte Kunz

Es gibt ein Sprichwort das heisst: nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.
Somit sind wir wider bei den Kälber, wie das Beispiel zeigt von A. Dalibor zeigt.

Geschrieben von Charlotte Kunz am 25.05.20 13:22

19  Filosofist

Die Begriffe können überwiegend synonym verwendet werden. Meines Erachtens gibt es da aber doch eine leichte Bedeutungsverschiebung. Wie hier schon anklang, verweist das "Selber" verstärkt auf die Identität des Sprechers als Urheber ("Respekt, wer es selber macht"). Dagegen verweist das Wort "Selbst" mehr auf die Befähigung des Sprechenden ("Ich kann es selbst (machen)"), d.h. aus eigener Kraft oder aus eigener Kompetenz heraus. Dafür spricht auch die Substantivierung "Selbst" als Ort der Identität und also auch der Fähigkeiten. Von einem "Selber" als psychologische Entität hat man noch nie gehört.

Die Verwendung im Kontext von "Selbst wenn,..." hat dagegen eine völlig andere Bedeutung. Hier kann das "Selbst" ohne Bedeutungsverlust durch das Wort "Sogar" ersetzt werden.

Geschrieben von Filosofist am 08.07.20 11:23

20  Lino

Muss es denn sein, im öffentlich rechtlichen Fernsehen eine Bildunterschrift: „Gemüse selber ernten“ zu lesen?
Wenn „selber“ als umgangssprachlich eingestuft ist hat es mE in öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten (TV ebenso wie Radio) nichts zu suchen.

Geschrieben von Lino am 24.07.20 08:37

21  Frankie

Selbst wenn ich Schuhgröße 45 hätte, kann ich nicht der Täter sein, weil meine Füße zu breit für diesen Schuh sind.

Stellt euch diesen Satz mit "selber" vor.

Hier steht "selbst" für "auch".

Das habe ich selbst gemacht.
Das habe ich selber gemacht.

In diesem Fall steht sowohl "selbst" als auch "selber" für allein.

Das habe ich allein gemacht.


Du bist doof!

Darauf die Antwort: Selber! (du auch)

Wer ausschließlich Dialekt redet, wird niemals "selbst" sagen.

Dot ho aich selwer geschriwwe.

Geschrieben von Frankie am 08.09.20 00:47

22  ciumanhanuman

In Anbetracht der Volksweisheit kleidet sich der vierhebige Jambus "Nur die allerdümmsten Kälber" als Oktosyllabus deutlich besser in seine Versmaßwiederholung "wählen ihre Metzger selber" als das klanglich und rhytmisch entverste Sprichwort in den Beitragswiederholungen unter den Ziffern 17 und 18 und weist mit dem "Metzger" darin aus, dass sein Ursprung "selber" in südlichen deutschsprachigen Gefilden liegt.
In der Frage des "komparativen Bedeutungszusammenhanges" plädiere ich für
Positiv: selbst
Komparativ: selber
Superlativ: selbst
womit viel Sprachwitz betrieben werden könnte.

Geschrieben von ciumanhanuman am 16.01.21 12:05

23  ciumanhanuman

Errata zu Ziffer 22

1. Ergänze nach "Volksweisheit" "unter Ziffer 12"
2. Korrigiere "rhytmisch" zu "rhythmisch"

Geschrieben von ciumanhanuman am 16.01.21 12:10

24  Dr. Bodo Bleinagel

In der Süddeutschen Zeitung wurde das in Frage stehende Wort am vergangenen Freitag von einer Redakteurin namens Aurelie von Blazekovic in den Stand eines Adjektivs erhoben (oder versenkt): „Gleich drei Bäder zeigt Google Maps in selber Entfernung an…“z
Die deutsche Sprache lebt und ist wohl nicht beherrschbar.
Bodo Bleinagel

Geschrieben von Dr. Bodo Bleinagel am 04.10.21 12:56

25  der.am

An einem Kantinenschrank:
Geschirr bitte selbst spülen!
Ist das eine Aufforderung an das Geschirr, selbstreinigend tätig zu werden? Würde folgender Satz eher den Kantinenbesucher ansprechen?
Geschirr bitte selber spülen!
Fragen über Fragen!

Geschrieben von der.am am 20.01.22 17:28

26  Denny

„Ihre Einschätzung wird ein wenig durch unsere Ausführungen in der jüngsten Auflage von Duden 9 gestützt, wo wir den Unterschied schon sehr behutsam formulieren.“

Sollte man hier wirklich das allgegenwärtige und häufig falsch genutzte „wo“, also an sich ortsbezogen, benutzen?

Wäre nicht

„... in der/welcher wir den Unterschied schon sehr behutsam formulieren.

besser?

Geschrieben von Denny am 19.03.22 21:16

27  Eugen Karl

Eine Frage der Kadenz. Benötigt man am Ende seines poetischen Meisterwerks eine weibliche Kadenz, wird man "selber" setzen, bei einer männlichen wäre es "selbst".

Geschrieben von Eugen Karl am 03.04.22 11:43

28  Thomas Stahel

In der Schweiz kennt man nur das Wort "selber". Wenn ich jedoch Deutsch spreche, würde ich eher sagen "Die Marmelade ist selbst gemacht." um auszudrücken, dass es keine Industriemarmelade ist. "selbst" ist also ein Ausdruck von persönlichem "Schaffen" und "selber" einfach die Tatsache, dass ich es alleine, also ohne Unterstützung gemacht habe. Ich würde auch nicht sagen: "Lass mal, ich mache es lieber selbst." Das tönt eigenartig. Im CH-Deutschen muss ich mir diese Gedanken nicht machen :-)

Geschrieben von Thomas Stahel am 08.04.22 10:38

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