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Dem würde ich in vielen Punkten auch gar nicht widersprechen. Gerade die Aussage, dass in der mündlichen Sprache der Gegenwartsbezug keine Rolle spielt, ist durchaus richtig. Ebenso in den erwähnten Romanen und Kurzgeschichten. Wobei es da nicht ganz korrekt ist. Dort, wo es um die klassische Funktion des Perfekts als Imperfektivierung geht, findet man das durchaus auch in Romanen.
Es geht wirklich allein um das klassische Schriftperfekt in nicht-literarischen Texten. Dort findet man das durchaus noch, gerade bei sprachlich guten Journalisten und in Sachbüchern. Aber ich habe ja auch geschrieben, dass es seltener wird und immer mehr mit dem mündlichen Perfekt vermischt. Viele der Texte, die wir heute lesen, werden ja auch nicht von sprachlich allzu versierten Leuten verfasst, von Leuten, die das Schriftperfekt vielleicht gar nicht kennen. Und im Alltag sind wir sowieso ständig vom mündlichen Perfekt umgeben, das ganz anders funktioniert.
Ein mündliches Perfekt in einem Text wird wie gesagt niemand negativ auffallen. Aber wenn man an viele Beispiele denkt, bei denen die Imperfektivierung sehr deutlich ist, werden immer noch die meisten auf aus dem Sprachgefühl heraus das Perfekt verwenden. Z.B. "Ich war heute unkonzentriert, weil ich schlecht geschlafen habe." Hier würde vom Sprachgefühl her niemand schlief verwenden. (Das Beispiel habe ich in meinem ersten Beitrag bewusst weggelassen, weil es verwirrend gewesen wäre, nachdem es um ein eigentlich imperfektives Verb geht, das perfektiv gebraucht wird, um durch das Perfekt wieder imperfektiviert zu werden.) Oder um an den Führerschein anzuknüpfen: "Ich habe das Fahren nicht verlernt." Niemand würde "ich verlernte das Fahren nicht" schreiben. Diese ganzen Beispiele von Imperfektivierungen, in denen man natürlich das Perfekt verwendet und nicht das Präteritum, zeigen, dass die Funktion des klassischen Schriftperfekt, selbst wenn man es nicht in der Theorie kennt, im Sprachgefühl immer noch verankert ist. Daher wird er wohl auch nicht so schnell vollständig aussterben. Sein Gebrauch verwischt sich nur etwas.