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Re: Komma nach "Es gilt"?

Autor:Eva
Datum: Di, 28.08.2018, 12:19
Antwort auf: Re: Komma nach "Es gilt"? (Antonia)

Hallo allerseits,

ein alter Thread und trotzdem eine immer aktuelle Frage!
(2 Euro/Minute bei der Sprachberatung von Duden oder der GfdS dafür auszugeben, das war mir bisher zu viel. In dieser Zeit habe ich gerade erst die Frage in Stakkato formuliert, wenn überhaupt, und noch keine Antwort erhalten.)
Da stellt sich mir nämlich bei den vielen jetzigen "Kann, muss aber nicht"-Regeln für Kommata, wie bei den Infinitivkonstruktionen, nicht nur die Frage, was zulässig ist, sondern auch die, was logisch und konsequent und sinnvoll ist!

Und ich habe definitiv immer Unbehagen bei dem Komma in solchen Es-gilt-Konstruktionen. Denn ich denke, dass hier ein Sonderfall vorliegt.

Vorneweg: Ich gehöre eigentlich(TM) generell zu den Infinitivgruppen-Abtrennerinnen. Und zwar nicht nur, wenn ich muss, sondern immer. Das ist konform mit den Regeln der alten Rechtschreibung (bis darauf, dass es die Unterscheidung zwischen erweiterten und einfachen/unerweiterten Infinitiven nicht mehr gibt) und für die meisten Lesenden, die diese gewohnt sind, nicht so schmerzhaft wie etwa die Variante, das Komma wegzulassen, auch wenn man es in vielen Fällen "darf". Auch enthebt es mich der ganzen Wenn-dann-Ausnahmen wie "Wenn die Infinitivgruppe mit demunddem Wort eingeleitet ist, muss ein Komma hin, in Fall x und y auch, sonst kann man es aber weglassen", die das Ganze komplizierter als vor der Reform machen - was nicht deren Ansinnen war, denn sie sollte vereinfachen.

Die Crux ist für mich aber: In vielen Gilt-Sätzen, so auch im Eingangssatz von Andreas, ist

- das "es", wie hier schon viele schrieben, kein verstärkendes Hinweiswort, sondern das Satzsubjekt (dieses wird aber nur komplett zusammen mit der Infinitivgruppe!),

- das "gelten" meines Erachtens ein anderes "gelten" als in vielen anderen Sätzen. Es heißt eben nicht "gültig sein, heißen, bedeuten, wirken, üblich sein, bekannt sein (inkl. Sonderbedeutungen mit als, nämlich gelten als)" etc., sondern es heißt "müssen, nötig sein, die Aufgabe sein"! Und zwar NUR in der festen Fügung mit dem "es" und der entsprechend davon abhängigen Infinitivgruppe, nur so existiert diese Bedeutung des Verbs! Ob es dadurch ein "Hilfsverb/Halbverb" wird, kann man dann noch diskutieren.

=> "Es gilt zu ..." = "Man muss ..." !

Bei den Beispielen von Antonia aus duden.de, die ich auch schon gefunden habe (die Beispiele, nicht die Antonia ;-) ), sehe ich demnach große Unterschiede. Und wundere mich etwas über den Duden.

"Bei der Wahl der Worte gilt es, individuell auf die
Situation der engsten Angehörigen einzugehen."

"Ebenfalls als umgangssprachlich gilt es,
Pronominaladverbien zu trennen."

"Es gilt die Regel, dass Ordnungszahlen
generell großzuschreiben sind."

Das einzige Beispiel, das hier passt, ist das erste. Es hat als einziges für mich nachvollziehbar die gleiche Bedeutung wie in Andreas' Beispiel.

Im zweiten und dritten Beispiel hat "gelten" nämlich mehr oder minder seine Ursprungsbedeutungen. Und dann wird das "es" tatsächlich ein Hinweiswort.
"Es ist als umgangssprachlich bekannt, ..."
"Es ist die Regel gültig, ..."
--> Also zwingend mit Komma.

Nur im ersten Beispiel heißt das "gelten" hier, zusammen mit dem "es" und der Infinitivgruppe", "müssen".
"Man (oder sonstwer) muss individuell auf die Situation der engsten Angehörigen eingehen."
--> Für mich kein Komma.
Denn das "Es gilt" gehört zur Infinitivgruppe untrennbar dazu und bildet nur zusammen mit ihr den kompletten Satz. Für mich ein klarer Fall von: Zulässig ist das Komma, aber sinnverstellend!

Ich wundere mich da über den Duden, der die Frage nicht klar regelt und uns auf Beispielsätze für "Zulässiges" zurückwirft, aus denen man dann Regeln schlussfolgern muss. Der springende Punkt für mich ist aber, dass ich nicht nur wissen möchte, was ich "darf", denn das ist nach der Reform vieles (etwa, erweiterte Infinitive in Fall x und y und z trotzdem nicht abzutrennen), sondern was sinnvoll und gut ist, auch dem Inhalt entsprechend.

Und früher - scheint weggefallen zu sein? - galt (sic! Hier das normale "gelten" als "gültig sein"!) mindestens die Regel, dass das Komma in diesen Sätzen bei Verschränkungen mit dem Restsatz wegfällt. Die Frage war also, wo das "es gilt" steht: Am Anfang, am Ende oder in den Satz reingebastelt.
Es gilt(,) dies zu klären.
Dies gilt es zu klären.

Spätestens in den Verschränkungen finde ich das Komma tatsächlich absolut störend.

Vielleicht sieht das jemand ähnlich wie ich?

 

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Komma nach "Es gilt"?
Andreas -- So, 13.5.2012, 15:18
Duden, Regel 117
oberhaenslir -- So, 13.5.2012, 17:07
Re: Duden, Regel 117
Andreas -- So, 13.5.2012, 17:43
Re: Duden, Regel 117
oberhaenslir -- So, 13.5.2012, 17:56
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Thomas -- So, 13.5.2012, 18:37
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