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Re: Pleonasmus

Autor:Pumene
Datum: Mi, 10.03.2021, 20:13
Antwort auf: Pleonasmus (Helene22)

> was meint ihr: Sind "Art und Weise" sowie "Sinn
> und Zweck" Pleonasmen?

Vielleicht eher Tautologien, obwohl:

Schauen wir uns den Gebrauch, die Grammatik, der Begriffe „Sinn“ und „Zweck“ an. In welchen Begriffs-Konstellationen kommen sie vor? Innerhalb welcher praktischen Situationen werden sie angewendet.

Der Sinn verweist zunächst auf die eigenen Sinne. Über die Sinne nehmen wir die Welt wahr, über die Hände lernen wir, sie zu begreifen, bis wir sie mit dem Verstand erkennen und verstehen können. Kant trifft in der Kritik der reinen Vernunft die grundlegende Unterscheidung von Sinnlichkeit und Verstand. Was im Verstand ist, ist ihm durch die Sinne gegeben, ist Sinnesdatum. Kurz, der Begriff des Sinns führt uns zunächst auf uns selbst zurück.

Einer Sache einen Sinn zuzuschreiben, bedeutet zunächst, sie begriffen zu haben. Dann aber auch, das Begriffene für gut zu befinden. Die Zuschreibung des Sinnvollen hat gleichzeitig auch einen normativen Aspekt. Somit ist das Sinnvolle immer auch das Gute. Der Sinn des Lebens, meint das für mich gute oder richtige Leben. Deswegen lässt sich auch sagen, „es ist für ihn sinnvoll, nicht aber für mich“. Der Sinn verweist in diesen Fällen auf subjektive Wertesysteme. Etwas für sinnvoll zu erklären, sagt also in gleicherweise etwas über die Sache selbst, wie über denjenigen, der sich über sie äußert. Wenn ich über ein Unternehmen sage, es sei sinnvoll, habe ich 1. begriffen, wofür das Unternehmen steht, 2. aber teile ich seinen Standpunkt, seine Werte sind mit meinen kompatibel, insofern kann ich sagen, das Unternehmen und sein Angebot sind für mich sinnvoll.

Der Begriff des Unsinns hingegen verweist eigentlich auf eine Schwäche des Sinns. Der Unsinn ist, wo nicht Stilmittel zur Unterhaltung, Zeichen eines kognitiven Ungenügens. Der Unsinn und das Sinnlose zeigen an, dass eine Sache nicht ausreichend bedacht wurde. Der Satz, „es ist sinnlos, es weiter zu versuchen“, entspricht der Bitte an den Handelnden, kognitiv zu erfassen, dass seine Versuche nicht zum Erfolg führen werden. Der Aspekt der Erkenntnis wird betont, nicht der Aspekt der Zielerreichung.

Der Zweck hingegen weist über sich selbst hinaus auf sein Ergebnis oder Ziel hin. „Was bezweckst du?“ befragt den Handelnden nach seinem Ziel. In gleicher Hinsicht verwenden wir, der Zweck heiligt die Mittel“. Damit sagen wir, dass für den guten Zweck auch schlechte Mittel recht sind. Der Zweck selbst ist neutral. Wenn wir den Zweck werten wollen, müssen wir die Wertung eigens hinzufügen. Deshalb ist der gute oder höhere Zweck normativ gekennzeichnet. „Es hat keinen Zweck“, gibt an, dass das Ziel über die eingesetzten Mittel nicht zu erreichen ist. Es sagt nichts darüber aus, wie der Zweck ethisch zu werten sind. Ein Handlung, die aus niedersten Motiven heraus begangen wird, verfolgt immer einen Zweck. Wir würden uns aber dagegen sperren, sie als sinnvoll zu bezeichnen. Eben weil wir uns von ihren Motiven distanzieren wollen. Sie als sinnvoll zu bezeichnen, hieße, sie zu billigen.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen kommen wir zu folgendem Schluss: Wenn wir aktuell beobachten, dass Unternehmen mehr und mehr beginnen, den Sinn für sich und ihre Produkte zu reklamieren, macht uns das stutzig, weil wir fürchten, dass sie den normativ gehaltvollen Begriff des Sinns letztlich nur für ihre wirtschaftlichen Zwecke einzubinden versuchen. In Anlehnung an Habermas können wir davon sprechen, dass der Sinnbegriff kolonialisiert wird.

https://beyondbuzzwords.blog/2017/06/23/ueber-die-unterschiede-der-begriffe-sinn-und-zweck-im-rahmen-der-sinnoekonomie/

Gruß

Pumene

 

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Beiträge zu diesem Thema

Pleonasmus
Helene22 -- Mi, 10.3.2021, 15:15
Re: Pleonasmus
Spalter Weinmeyer -- Mi, 10.3.2021, 18:27
Re: Pleonasmus
Pumene -- Mi, 10.3.2021, 20:13