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Streng genommen gibt es einen Unterschied: „Ich habe „keine Stifte““ würde den Besitz eines Stiftes inkludieren.

Falsch, tatsächlich ist der Plural anzahlneutral (Uli Sauerland hat etwas zu der Thematik publiziert), »Ich habe keine Stifte« heißt also nicht nur, dass die Person weniger als zwei Stifte hat, sondern auch, dass die Person keinen einzigen Stift hat. Wenn man genau ein Kind hat und gefragt wird: »Haben Sie Kinder?«, dann wäre »Nein« als Antwort darauf falsch, richtig wäre: »Ja, eines.«

Oder hier: »Die Menge der geraden Primzahlen ist {2}.« Obwohl die Menge nur eine Zahl enthält, wird hier die Pluralform Primzahlen verwendet, da man nicht von vornherein voraussetzen will, dass es nur eine gerade Primzahl gibt, sondern es darum geht, ALLE geraden Primzahlen aufzuzählen – wobei sich herausstellt, dass es nur eine gibt! Zum Vergleich: »Der Einbrecher entpuppte sich als Frau.«

Nun nehmen wir aber einmal an, dass jemand in nicht verneinter Form äußert: »Ich habe Kinder.« Wieso scheint das zu bedeuten, dass derjenige mehrere Kinder hat? Das lässt sich damit erklären, dass unter der Bedingung, dass die Anzahl sowieso genau 1 ist und dies bekannt ist, der Gebrauch im Singular als dem spezifischeren Numerus zu erwarten wäre. (Beachte: Das ist eine Sache der Pragmatik statt der Semantik!) Da hier aber der Plural verwendet wird, kann man erwarten, dass die Anzahl größer als 1 ist, auch wenn das streng genommen nicht Bestandteil der Bedeutung des Satzes ist.

Ähnlich verhält es sich mit maskulinen Personenbezeichnungen wie Chirurg: Chirurg ist von der Bedeutung her eigentlich geschlechtsneutral, »jeder Chirurg« betrifft also auch jede Chirurgin, allerdings ist es üblich, die geschlechtsspezifische Form Chirurgin zu verwenden, wenn es um einen bestimmten Chirurgen geht, von dem bekannt ist, dass er weiblich ist, daher klingt Folgendes seltsam: »Vater und Sohn haben einen schweren Autounfall. Der Vater stirbt, der Sohn wird in ein Krankenhaus eingeliefert, die Operation wird vorbereitet, alles ist fertig, als der Chef-Chirurg erscheint, blass wird und sagt: ›Ich kann nicht operieren, das ist mein Sohn!‹« (Auflösung: Der Chirurg ist die Mutter des Kindes, also eine Chirurgin.)