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Re: Was jetzt kommt

Autor:Pumene
Datum: Di, 13.07.2021, 11:53
Antwort auf: Was jetzt kommt (muckster)

> Was jetzt kommt, wird katastrophal.
> Ich denke, hier greift Duden-Regel D114: Partizip- und
> Adjektivgruppen kann man durch Komma abtrennen... muss man aber
> nicht.
> Ist das richtig?
Man unterscheidet zwischen „Sätzen“ und „Gruppen“.
Ein „Satz“ hat normalerweise ein Subjekt und ein Prädikat. Das Prädikat enthält eine sogenannte „finite“ Verbform (wörtlich übersetzt: beendet).
Damit ist gemeint, dass Person (1. = der Sprecher, 2. = der Angesprochene, 3. = „dritte Person“, das heißt, derjenige, über den gesprochen wird), Anzahl (Einzahl/Singular oder Mehrzahl/Plural; z.B. ich/wir*; du/ihr*; er/sie/es//sie und so weiter), Zeit/Tempus (Präsens/Gegenwart, Präteritum/einfache Vergangenheit und so weiter), Modus (Indikativ/Wirklichkeitsform; Konjunktiv/Möglichkeitsform; Imperativ/Befehlsform), Genus verbi (Aktiv/Tätigkeitsform; Passiv/Leideform) gekennzeichnet werden. Das Gegenteil zur „finiten Verbform“ ist die „infinite Verbform“, von der es außer dem namensgleichen Infinitiv (Verlaufsform) noch die „Partizipien/Mittelwörter“ gibt (Partizip I/früher auch „Partizip Präsens Aktiv“ genannt und Partizip II/früher auch „Partizip Perfekt Passiv“ genannt). Beispiele: liebend, geliebt. Das Partizip II wird außer als „Mittelwort“ auch in indeklinabler/unveränderter Form für die analytisch (zusammengesetzt) gebildeten Zeiten Perfekt, Plusquamperfekt, Futur II und für das Passiv verwendet. Für die zusammengesetzte Zeit Futur wird der Infinitiv gebraucht.
In der deutschen Sprache gibt es eigentlich nur** 26 synthetische (nicht zusammengesetzte) finite Verbformen, nämlich 6 für das Präsens Indikativ Aktiv, 6 für das Präteritum Indikativ Aktiv, 6 für das Präsens Konjunktiv Aktiv, 6 für das Präteritum Konjunktiv Aktiv und zwei für das Imperativ Präsens Aktiv, alle anderen Zeitformen werden analytisch/zusammengesetzt gebildet, wobei Hilfsverben verwendet werden, die ebenfalls nur in diesen 26 synthetischen finiten Verbformen vorkommen können.
Einen Satz erkennt man also daran, dass eine „finite Verbform“ vorkommt.
Bei Hauptsätzen als Aussagesätzen in der deutschen Sprache als Verbzweitstellungs-Sprache kommt der finite Teil des Prädikats immer an Satzposition zwei und wird „linke Satzklammer“ genannt. Das vorangehende „Vorfeld“ wird oft vom Subjekt besetzt, kann aber auch von etwas anderem besetzt werden, was zum Beispiel besonders betont werden soll. Dann wechselt das Subjekt hinter den finiten Teil des Prädikats in das Mittelfeld zum Beispiel in Satzposition drei. Das Mittelfeld kann noch andere Elemente enthalten, zum Beispiel Objekte und adverbiale Umstandsbestimmungen. Falls zusammengesetzte Zeiten des Prädikats verwendet werden, gibt es noch eine „rechte Satzklammer“, die den „infiniten Teil des Prädikats“ enthält. (Außerdem können noch Vor-Vorfelder und Nachfelder vorkommen.)
Einen Nebensatz erkennt man oft daran, dass eine unterordnende Konjunktion (Subjunktion) oder ein Relativpronomen ihn einleitet. Diese wird im Nebensatz „linke Satzklammer“ genannt. Die „rechte Satzklammer“ des Nebensatzes enthält den finiten Teil des Prädikats, der Nebensatz hat also oft die „Verbletztstellung“.

„Was jetzt kommt, wird katastrophal.“ ist also ein „Satzgefüge“ aus einem Hauptsatz und einem vorangestellten Nebensatz.
Das Relativpronomen „was“ wird für „dasjenige, welches“ benutzt.

https://www.deutschplus.net/pages/Relativpronomen_wer_was

Der Relativsatz „was jetzt kommt“ hat die Funktion des Subjektes des Hauptsatzes und steht in Satzposition eins, im Vorfeld. Die linke Satzklammer des Hauptsatzes ist „wird“ (der finite Teil des Prädikats), „katastrophal“ ist das Mittelfeld.

Das „Subjekt des Relativ-Nebensatzes“ (was jetzt kommt) ist das Relativpronomen „was“ und gleichzeitig die „linke Satzklammer des Nebensatzes“, die „rechte Satzklammer des Nebensatzes“ ist die „finite Verbform des Prädikats des Nebensatzes“ (kommt).
Der Nebensatz enthält also selbst ein Subjekt und ein Prädikat.
Ein Nebensatz wird von einem Hauptsatz normalerweise immer durch ein Komma abgetrennt.

Eine Partizipgruppe und Adjektivgruppe ist kein Nebensatz und enthält deshalb auch keine „finite Verbform“. Als Bestandteil des Hauptsatzes muss so eine „Gruppe“ nicht unbedingt durch ein Komma abgetrennt werden.

Eine Infinitivgruppe/erweiterter Infinitiv mit einem „zu-Infinitiv“ ist auch kein Nebensatz (auch wenn sie bestimmte Ähnlichkeiten mit einem Nebensatz hat), weil in ihr kein Subjekt und kein Prädikat mit finiter Verbform vorkommt. Sie muss nur unter bestimmten Umständen vom „Rest des Hauptsatzes“ mit Komma abgetrennt werden (in meiner ersten Antwort hatte ich dir den Link geschickt). Eine „Infinitivgruppe“ kann auch das Subjekt des Hauptsatzes darstellen, sie muss dann aber nicht zwingend durch ein Komma abgetrennt werden.

Viel Information, aber es ist alles nicht so einfach.

Vielleicht kannst du irgendwas damit anfangen.

Gruß

Pumene

* „wir“ ist eigentlich nicht der Plural von „ich“ [= die „Ichs“***], sondern etwas anderes, entweder „ich“ und „du“ (inklusives „wir“) oder „ich“ und „er/sie/es//sie“ (exklusives „wir“) [oder auch „ich“ und „du“ und „er/sie/es//sie“ und so weiter]. Wie viele andere indogermanische Sprachen auch unterscheidet die deutsche Sprache nicht zwischen „inklusivem“ und „exklusivem“ wir. Ähnliches gilt für das „ihr“.

** 26 ist ziemlich wenig, wenn man zum Beispiel bedenkt, dass die altgriechische Sprache einen Numerus mehr (Singular/Dual/Plural), eine Zeit mehr (Aorist), einen Modus mehr (Optativ), ein „Genus verbi“ mehr (Medium) und für die Imperative auch die dritte Person hatte und für alle diese Fälle (außer Perfekt Passiv und Plusquamperfekt Passiv) synthetisch gebildete Verbformen hatte, so dass wir in eine ganz andere Größenordnung kommen.

*** vielleicht mit Ausnahme davon, wenn „mehrere Leute synchron im Chor sprechen“.

 

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