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Re: Komma vor "zu"?

Autor:Pumene
Datum: Sa, 27.08.2022, 20:19
Antwort auf: Re: Komma vor "zu"? (Friedel Anstalt)

https://www.korrekturen.de/forum.pl/md/read/id/127389/sbj/infinitivgruppen-mit-beginnen-versuchen-etc/

https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Das-Komma-beim-Infinitiv-mit-„zu“

Die Kommasetzung beim Infinitiv mit zu führt oftmals zu Unsicherheiten. In diesem Artikel finden Sie Rat.

Nicht gesetzt werden darf das Komma bei einem Infinitiv mit zu, wenn ein solcher Infinitiv von einem Verb abhängt, das in der Funktion eines Modalverbs auftritt. In dieser Funktion können die Verben haben und sein verwendet werden, aber auch Verben wie brauchen, pflegen, scheinen: Ich habe hierzu rein gar nichts anzumerken. Heute ist mit ihm nicht zu reden. Er scheint ihr von der ganzen Geschichte nichts erzählt zu haben. Sie pflegten mehrfach im Jahr in Urlaub zu fahren. Du brauchst jetzt nicht auch noch davon anzufangen.

Besonderes Augenmerk verdienen die Verben drohen und versprechen, bei beiden ist im Hinblick auf die Kommasetzung die Bedeutung ausschlaggebend. Hat drohen die Bedeutung „Gefahr laufen“, tritt es in der Funktion eines Modalverbs auf und es darf kein Komma gesetzt werden: Der Lastwagen drohte den Abhang hinabzustürzen. Im Sinne von „eine Drohung aussprechen“ hat drohen Vollverbfunktion, das Komma ist freigestellt: Vor laufenden Kameras drohte der Bankräuber[,] die Geiseln zu erschießen. Entsprechend verhält es sich beim Verb versprechen, hier sind die Bedeutungen „den Anschein haben, erwarten lassen“ (Modalverb) und „das Versprechen geben“ (Vollverb) zu unterscheiden. Sie verspricht eine geniale Mediatorin zu werden. Du hast mir fest versprochen[,] ihm endlich reinen Wein einzuschenken!

Bei einer ganzen Reihe von Verben, die eine Infinitivgruppe anschließen können, lässt sich oftmals nicht eindeutig entscheiden, ob sie eher modifizierend oder als Vollverb gebraucht werden, Schreibende haben in solchen Fällen beide Möglichkeiten. Zu dieser Verbengruppe gehören etwa anfangen, aufhören, bitten, denken, fürchten, glauben, helfen, hoffen, versuchen. Wir bitten das Produkt bei Nichtgefallen zurückzusenden. Er glaubt sie mit seinen Argumenten überzeugen zu können.

Vorsicht geboten ist allerdings, wenn solche Verben durch ein auf den Infinitiv verweisendes Wort ergänzt werden, in solchen Fällen ist ein Komma obligatorisch: Wir bitten darum, das Produkt bei Nichtgefallen zurückzusenden. Er glaubt fest an die Möglichkeit, sie mit seinen Argumenten überzeugen zu können.

https://grammis.ids-mannheim.de/systematische-grammatik/1634

Halbmodale zwischen Modalverben und Vollverben

Semantische Unterschiede zu Modalverben

Die Halbmodale teilen nicht die Bedeutung der Modalverben, also den Bezug auf Redehintergründe unter einer modalen Relation (Merkmal 5 der Modalverben). Sie werden daher oft auch den Hilfsverben zugeordnet. In ihrem syntaktischen Verhalten stehen sie jedoch den Modalverben näher als den Hilfsverben (vgl. Übereinstimmungen zwischen Halbmodalen und Modalverben).

Allenfalls die Bedeutung von scheinen hat Beziehungen zu der epistemischen Verwendung der Modalverben. Besonders häufig ist die Kombination von scheinen mit sein (als Kopulaverb) und verschiedenen Formen des Prädikativkomplements (vgl. auch Rektionen von scheinen):

Er scheint an Misserfolge gewöhnt zu sein.
Aber der Hufschlag der Pferde scheint ihr müder zu sein.
Der Historiker schien ein bekannter Mann zu sein.

Nähe zu Vollverben

Auch auf das unpersönlich gebrauchte versprechen treffen die Charakteristika Valenzübertragung (Beispiel (1) und (1a)), Verbindung mit dem Infinitiv in kohärenter Konstruktion (Beispiel (1b)) und Fehlen eines Partizip Perfekt (Beispiel (1c)) zu.

(1) Das Wetter wird heute schön.
(1a) Das Wetter verspricht heute schön zu werden.
(1b) ... weil das Wetter schön zu werden verspricht.
?... weil das Wetter verspricht schön zu werden.
(1c) * Das Wetter hat schön zu werden versprochen.
Jedoch ist beim unpersönlich gebrauchten versprechen anders als bei Halbmodalen kein Passiv möglich. Man vergleiche folgende Beispiele:

(2) * An diese Sache verspricht ernsthaft herangegangen zu werden.
(3) An diese Sache droht/scheint/pflegt ernsthaft herangegangen zu werden.

Die Halbmodale markieren den Übergangsbereich von den Modalverben zu den Vollverben. Unter diesen stehen ihnen außer unpersönlich gebrauchtem versprechen die Verben mit Verbativkomplement (gelten zu, wissen zu, verstehen zu) und die Phasenverben (beginnen, anfangen, aufhören) am nächsten. Die Verben beider Gruppen haben nur einen schwach ausgeprägten Valenzrahmen, ihre Bedeutung ist auf modale Relationen oder "Ablaufmodalitäten" des Ereignisses bezogen, das vom Vollverb bezeichnet wird. Während verbaler Infinitoperator und infinites Vollverb gemeinsam den Verbalkomplex bilden, hat in den Kombinationen von Vollverb (z. B. Phasenverb) und Vollverbinfinitiv (z. B. Wir begannen das Zimmer aufzuräumen) die Infinitivkonstruktion den Status eines Verbkomplementes.

https://www.zweitefeder.de/fachbegriffe/

Halbmodalverb

Bildet gemeinsam mit einem Vollverb im Infinitiv + „zu“ das Prädikat eines Satzes; drückt u. a. eine Notwendigkeit oder Möglichkeit aus: „scheinen“, „drohen“, „versprechen“, „pflegen“.
Beispiel: „Sie scheint laufen gegangen zu sein.“

Zitatende

Gruß

Pumene

 

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