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Aua: «Prozentwert»

Autor:Ivan Panchenko –
Datum: Do, 26.12.2024, 17:18

Prozentwert wird als Bezeichnung des absoluten Anteils gelehrt, für den ein Prozentsatz steht. Das finde ich unglücklich, da Prozentwert (statt etwa Prozentsatzwert oder eben absoluter Anteil) nach einem Wert in Prozent klingt – so habe ich das Wort in freier Wildbahn (außerhalb von Schulbüchern) gesehen! Außerdem scheint mir Prozentsatz nicht als allgemeiner Ausdruck geeignet zu sein, denn darunter verstehe ich etwas Festgesetztes (Beispiel: Zinssatz) statt bloß Festgestelltes. Ansonsten greifen naturgemäß Mehrdeutigkeiten (ihr wisst schon, Reifizierung und so):

1) «Gib die Länge in Metern an» kann wörtlich eine Aufforderung sein, die Länge anzugeben, und zwar in Metern (zum Beispiel «2 Meter» statt etwa «200 Zentimeter»). In «l ist die Länge in Metern» ist es jedoch naheliegend, unter «Länge in Metern» bloß den zur Einheit Meter gehörigen Zahlenwert (hier: 2) zu verstehen. Prozentsatz ist selbst in Formeln nicht so eindeutig, da erst das Erstglied auf einen relativen Anteil hindeutet, aber in der Form «p % ist der Prozentsatz» versteht sich, was gemeint ist.

2) Ein Prozent ist eigentlich ein Prozent/Hundertstel von etwas, wobei der Grundwert implizit bleiben kann («um 20 Prozent erhöht»), in Formeln kann «ein Prozent» jedoch verselbständigt für die Zahl 0,01 stehen (Grundwert 1 als neutrales Element der Multiplikation).

Inzwischen bin ich auch mit «∞ ist keine Zahl» nicht ganz glücklich. Zunächst sei gesagt, dass es keine allgemein anerkannte präzise Definition eines Zahlbereiches gibt, mit der dieser Satz überprüft werden kann, stattdessen gibt es verschiedene Ausdrücke, in denen Zahl vorkommt, wie reelle Zahl und komplexe Zahl, und wenn klar ist, womit gerechnet wird, wird gerne einfach Zahl gesagt. Der Knackpunkt ist, dass das Zeichen «∞» als Lückenfüller dient, um die Überschreitung jeder endlichen Zahl zu erfassen, ohne dass im Intervall wirklich ein Objekt namens «∞» eingeschlossen ist, so ist die symmetrische Gruppe S eine Obermenge von S1, S2 etc., enthält aber im Gegensatz zu Sω nur Permutationen mit endlichem Träger. Von einer Folge mit dem Grenzwert ∞ kann im Bereich der reellen Zahlen ebenso gesagt werden, sie habe keinen Grenzwert (also keine reelle Zahl als Grenzwert; das erinnert an freie Logik). Aber was kann über ∞ denn nun ausgesagt werden, verbietet sich wirklich die Bezeichnung Zahl? Ein Gegenbeispiel ist «Seine Erdős-Zahl ist ∞»! Der Wert ist nun einmal numerischer Natur.

Ungeschickt ist «divergiert gegen ∞» – eine Folge kann divergieren, aber wie kann sie denn bitte gegen etwas divergieren? Mit «∞» müsste es in letzter Konsequenz konvergiert heißen. Bei uneigentlicher Grenzwert stellt sich die Frage, was damit gemeint sein soll – der topologische Grenzwertbegriff trifft hier ja durchaus zu, oder soll etwa auch die Ordinalzahl ω ein «uneigentlicher» Grenzwert sein können? Ein Ansatz wäre, ∞ selbst als uneigentliche Zahl zu bezeichnen und analog auch «Lückenfüller-Werte» zur Angabe eines einseitigen Grenzwertes wie 0+ oder 1. Eine Folge mit dem («uneigentlichen») Grenzwert 0+ hat auch den («eigentlichen») Grenzwert 0, als «DER» Grenzwert der Folge gilt jedoch der eigentliche Grenzwert. (Wir kennen das: 4 hat zwei Quadratwurzeln, nämlich −2 und 2, als «die» Quadratwurzel von 4 gilt aber 2.) Anders ist es, wenn es keinen eigentlichen, sondern ∞ als Grenzwert gibt, dann ist eben ∞ «DER» Grenzwert. Wird mit der («eigentlichen») Zahl ω gerechnet, ist sie anstelle von ∞ «der» Grenzwert.

 

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