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Re: Beschäftigter oder Beschäftigten

Autor:Pumene
Datum: Fr, 01.10.2021, 20:02

Die Frage des Fragestellers war ja verständlich, weil es eine Tendenz gibt, nach deren/dessen eine schwach deklinierte Form folgen zu lassen, sodass „deren Beschäftigten“ gar nicht mehr so falsch „klingt“; was ja auch zu Formen wie „derem/dessem“ führt.
https://d-nb.info/1104174820/34
Besonders Genus wird als nicht frei wählbare Kategorie in den Dienst der Nominalklammer gestellt, doch auch Kasus, indem es das I. Wort der NP ist (das linke Klammerelement), das ihn markiert. Erst das kategoriell dazu passende Nomen signalisiert das rechte Klammerelement. Ansonsten hat sich der Kasusausdruck im Laufe der Sprachgeschichte immer mehr aus dem Mittelfeld zurückgezogen. Entfällt das Artikelwort als übliches linkes Klammerelement, so springt heute das erste Adjektiv ein und ersetzt es flexivisch. Dass nun zunehmend das 2. Adjektiv flexionsmorphologisch zurücktritt, ist damit zu erklären, dass es sich damit eher mittelfeldadäquat verhält: Um nicht als Klammereröffnung fehlinterpretiert zu werden bzw. um die NP besser zu konturieren, greift es zur schwachen (undifferenzierteren) Flexion. Vor diesem Hintergrund ist die Wechselflexion als weitere Klammerprofilierung zu interpretieren. Moulin (2000: 91) spricht hier auch vom "Adjektivflexiv als syntaktischer Ordnungskraft".
Zu diesem klammerprofilierenden Prinzip passt eine andere, komplementäre Beobachtung, die nicht nur auf Hörbelegen basiert, sondern die sich auch schriftlich leicht nachweisen lässt, etwa auf Internetseiten von Universitäten, von Stadtverwaltungen, von Goethe-Instituten und von Wikipedia (denen die folgenden Beispiele entstammen): Es geht um die starke Dativflexion von (an sich unveränderlichem) dessen und deren als *dessem und (seltener) *derem, wobei ein darauf folgendes Adjektiv auffälligerweise immer schwach flektiert, z.B. mit dessem kleinen Bruder, mit dessem schwarzen Humor, mit dessem unendlich geduldigen großen Hund, mit dessem ältesten Sohn: mit derem sozialen Umfeld, mit derem universitären Anspruch, mit derem theoretischen Gerüst. Standardsprachlich ist dies nicht anerkannt, doch fügt sich diese realiter vorkommende flexivische Besonderheit genau in das (diachron nach und nach sich verstärkende) Prinzip der Klammerprofilierung. Hier jedoch wird (umgekehrt zur Wechselflexion) die linke Klammer durch das Flexiv -em bzw. -er gestärkt (und das Adjektiv im Mittelfeld geschwächt). Ein Vorteil gut profilierter Nominalklammern besteht in der Strapazierfähigkeit des Mittelfelds, das in Gestalt mehrerer, auch komplexer Attribute informationskomprimierend wirkt.

Gruß

Pumene

 

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Beiträge zu diesem Thema

Beschäftiger oder Beschäftigten
Chris -- Fr, 1.10.2021, 10:51
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Ernst -- Fr, 1.10.2021, 11:45
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Ernst -- Fr, 1.10.2021, 12:26
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Pumene -- Fr, 1.10.2021, 14:19
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Pumene -- So, 3.10.2021, 11:58
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Heide Witzka-Keller -- So, 3.10.2021, 14:55
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Pumene -- So, 3.10.2021, 14:59
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Heide Witzka-Keller -- So, 3.10.2021, 15:01
Re: Beschäftigter oder Beschäftigten
Arminia Lachflash -- Mo, 4.10.2021, 05:48
Beschäftigerinnen gibt es ...!
Ernst -- So, 3.10.2021, 14:21
Re: Beschäftigerinnen gibt es ...!
Pumene -- Mo, 4.10.2021, 22:04
Re: Beschäftigerinnen gibt es ...!
Ernst -- Mo, 4.10.2021, 22:16