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Re: möchten

Autor:Jesse
Datum: Di, 10.01.2017, 21:04
Antwort auf: Re: möchten (Kai)

Das ist nicht neu, das war schon immer so. In deinem Link geht es darum, ob der Konjunktiv II in der indirekten Rede an Stelle des Konjunktivs I für eine zusätzliche Distanzierung verwendet werden kann. Darüber kann man streiten. Wie der verlinkte Text vertrete ich da ebenfalls die Auffassung, dass das nicht geht und der Konjunktiv II (wo es eine eindeutige Konjunktiv-I-Form gibt) in der indirekten Rede als falsch anzusehen ist. Zum Indikativ sagt dein Link nichts. Worauf du hinauswillst, ist wohl das hier:

Es funktioniert schon deshalb nicht, weil die Verwechslung von Konjunktiv I und II einer der häufigsten Fehler bei der indirekten Rede ist und weil in den Fällen, in denen keine eindeutige Form des Konjunktivs I zur Verfügung steht, auch bei Nichtdistanzierung ja auf den Konjunktiv II ausgewichen werden muss. Die Anwendung des Konjunktivs im Deutschen ist viel zu unstabil, als dass er eine solche Funktion wirklich übernehmen könnte. Der Leser versteht damit eben gerade nicht, was gemeint ist. Eine Distanzierung enthält schon der Konjunktiv I. Wer sich weiter distanzieren will, muss eine andere Formulierung wählen, der Konjunktiv II hilft ihm dafür nicht.

Das kann man in diesem Kontext durchaus so schreiben. Der markierte Satz für sich ist aber ungenau. Was tatsächlich gemeint ist, ist: Eine Distanzierung enthält schon die im Konjunktiv I formulierte indirekte Rede. Die Distanzierung ergibt sich aber nicht aus dem Konjunktiv I, sondern aus der indirekte Rede.

Peter ist dumm. Er sagt zum Beispiel, die Erde sei eine Scheibe.
Peter ist dumm. Er sagt zum Beispiel: "Die Erde ist eine Scheibe."

Ich distanziere mich dadurch, dass ich eine Aussage als Aussage eines anderen kennzeichne. Das geht mit dem Indikativ und Anführungszeichen ganz genau so. Der Konjunktiv I erfüllt dabei ebenso wenig die Funktion der Distanzierung wie die Anführungszeichen. Beide haben einzig die Funktion, ein fremdes Zitat zu kennzeichen und nichts weiter. Die Distanzierung ist nur die logische Folge des als solches gekennzeichneten fremden Zitats.

Hat der Konjunktiv 1 denn wirklich keine ande­ren Auf­gaben, als die in­ner­liche Ab­hängig­keit und in­di­rekte Rede aus­zu­drücken? Die Ant­wort lau­tet nein.
http://www.belleslettres.eu/content/konjunktiv/konjunktiv.php

Und weil das Beispiel gerade passt, noch einmal zurück zur eigentlichen Frage:

1. Peter ist dumm. Er sagt zum Beispiel, dass die Erde, auf der wir alle zu Hause seien, eine Scheibe sei.
2. Peter ist dumm. Er sagt zum Beispiel, dass die Erde, auf der wir alle zu Hause sind, eine Scheibe sei.

Es ist völlig irrelevant, dass es ein Fakt ist, dass wir alle auf der Erde zu Hause sind. Der Indikativ kann nicht dazu verwendet werden, rationale Fakten aus Peters irrealen Weltanschaung als solche hervorzuheben. Der Konjunktiv macht hier nur eines und hat nur eine einzige Funktion: Er bringt zum Ausdruck, ob der Einschub von der Aussage Peters abhängig ist oder nicht. Oder anders ausgedrückt: Von wem stammt dieser Einschub? Im ersten Beispiel lautet die Aussage Peters in der direkten Rede: "Die Erde, auf der wir alle zu Hause sind, ist eine Scheibe." Im zweiten Beispiel lautet die Aussage Peters: "Die Erde ist eine Scheibe." Der Einschub "auf der wir alle zu Hause sind" stammt vom Autor, zum Beispiel um die Absurdität der Aussage Peters herauszustellen, indem der Autor anfügt, dass Peter wirklich von dieser Erde spricht. Also:

1. Peter ist dumm. Er sagt zum Beispiel: "Die Erde, auf der wir alle zu Hause sind, ist eine Scheibe."
2. Peter ist dumm. Er sagt zum Beispiel: "Die Erde", auf der wir alle zu Hause sind, "ist eine Scheibe."

Genau das macht der Konjunktiv und genau das ist seine einzige Funktion. Der Indikativ in der indirekten Rede macht übertragen auf die direkte Rede das Anführungszeichen zu. Deswegen darf man den Indikativ nicht in der indirekten Rede verwenden, solange man noch zitiert.

 

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