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Re: Komma oder nicht?!

Autor:Michael
Datum: Mi, 19.09.2007, 22:38
Antwort auf: Re: Komma oder nicht?! (Anna)

gibt es bei den
> Infinitivsätzen nach der Neuen Rechtschreibung keine
> Konstruktion, die das Komma verbietet .

Not quite:

5 Das Komma bei Infinitivgruppen
Als Infinitivgruppen bezeichnet man Ausdrücke mit Infinitiven, die ein zu bei sich haben (z. B. zu backen, gearbeitet zu haben, gelobt zu werden, ins Theater zu gehen, anstatt zu lesen, um nicht abreisen zu müssen). Je nach ihrer Verwendung im Satz müssen oder können sie durch Kommas abgetrennt werden. Manchmal sind sie aber auch so eng mit dem Satz verbunden, dass sie nicht abgetrennt werden können. Infinitive ohne zu gehören dagegen nicht zu den Infinitivgruppen; sie sind immer Teil des Prädikats oder Teil eines Satzglieds, das auch dann nicht durch Komma abgetrennt wird, wenn der Infinitiv mit Ergänzungen verbunden ist:

Ein guter Christ sein heißt allen Menschen ein stets bereiter Helfer sein.

Ein anderes Kind schlagen ist ungezogen. Hilf mir bitte das Mittagessen kochen!

5.1 Infinitivgruppen mit zu und Konjunktion
(als zu, anstatt zu, ohne zu, um zu)
Infinitivgruppen mit zu, die mit um, ohne, statt, anstatt, außer oder als eingeleitet sind, werden durch Kommas abgetrennt.

Sie beeilte sich, um pünktlich zu sein. Statt auf den Bus zu warten, nahm er ein Taxi. Weil er, statt auf den Bus zu warten, ein Taxi genommen hatte, kam er noch pünktlich. Ihnen fiel nichts ein, außer neue Vorwürfe zu erheben. Ihnen fiel nichts anderes ein, als neue Vorwürfe zu erheben. Er pflanzte, ohne an die Zukunft zu denken, Baum um Baum dicht nebeneinander. Im Bericht ist, um es noch einmal zu sagen, alles Erforderliche enthalten.

Um es noch einmal zu sagen, im Bericht ist alles Erforderliche enthalten. Er, statt ihr zu helfen, sah tatenlos zu.

5.2 Infinitivgruppen nur mit zu (ohne als, ohne, um ...)
Bei Infinitivgruppen ohne Konjunktion ist das Komma im Allgemeinen freigestellt (vgl. aber 5.2.5 und 5.2.6). Man kann also die Infinitivgruppe durch Komma abtrennen, um die Gliederung des Satzes deutlich zu machen oder um Missverständnisse auszuschließen, man muss es aber nicht:

Er beschloss[,] am Dienstag die Bettwäsche zu waschen. Dir zu folgen[,] bin ich jetzt nicht bereit. Sie glaubt[,] das nächste Spiel zu gewinnen. Mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren[,] tat ihr gut.
Das Komma ist oft nicht sinnvoll, z. B., wenn es grammatikalisch zusammengehörige Glieder auseinanderreißt. Daneben gibt es aber Fälle, in denen das Komma gesetzt werden kann, und auch Fälle, in denen es gesetzt werden muss. Die folgenden Beispiele verdeutlichen dies:

5.2.1 Den Betrag bitten wir auf unser Konto zu überweisen:
Infinitivgruppen in Kommas zu setzen ist grundsätzlich dann sinnvoll, wenn ein oder zwei Kommas die Infinitivgruppe als Ganzes von den übrigen Teilen des Satzes trennen. Im Beispiel Den Betrag bitten wir auf unser Konto zu überweisen steht aber zwischen den einzelnen Teilen der Infinitivgruppe (hier: den Betrag auf unser Konto zu überweisen) der Hauptsatz (hier: bitten wir): Der übergeordnete Satz und die Infinitivgruppe sind zu eng miteinander verbunden, als dass man sie durch Kommas trennen sollte. Man sollte also nicht schreiben Das Leergut bitten wir Sie, innerhalb 14 Tagen zurückzusenden, sondern ohne Komma und besser auch ohne Sie: Das Leergut bitten wir innerhalb 14 Tagen zurückzusenden. Oder aber, falls nicht der Textzusammenhang diese etwas schwierige Konstruktion notwendig macht, mit veränderter Wortstellung und mit freigestelltem (vgl. 5.2.3) Komma: Wir bitten Sie[,] den Betrag auf unser Konto zu überweisen. Genauso schreibt man Wir wollen versuchen[,] diesen Vorgang zu erklären, aber ohne Komma und je nach Textzusammenhang oft passender Diesen Vorgang wollen wir zu erklären versuchen. (Genauso richtig und ebenfalls ohne Komma: Wir wollen diesen Vorgang zu erklären versuchen, vgl. 5.2.2; einen Überblick gibt die Tabelle).
Komma und Wortstellung
Durch ein oder zwei Kommas kann die Infinitivgruppe als Ganzes abgetrennt werden: Die Infinitivgruppe ist durch die Wortstellung mit den übrigen Teilen des Satzes eng verknüpft. Ein Komma ist nicht sinnvoll:
Wir bitten[,] den Betrag auf unser Konto zu überweisen. Wir bitten, den Betrag auf unser Konto zu überweisen, und verbleiben mit freundlichen Grüßen ... Wir bitten den Betrag auf unser Konto zu überweisen und verbleiben mit freundlichen Grüßen ... Den Betrag bitten wir auf unser Konto zu überweisen.
Den Betrag auf unser Konto zu überweisen[,] bitten wir deshalb, weil ...
Wir wollen versuchen[,] diesen Vorgang zu erklären. Wir wollen diesen Vorgang zu erklären versuchen.
Er ist immer bestrebt[,] zu helfen. Er ist immer zu helfen bestrebt.
Man schätzt ihn, weil er immer bestrebt ist[,] zu helfen. Man schätzt ihn, weil er immer zu helfen bestrebt ist.

5.2.2 Wir wollen diesen Vorgang zu erklären versuchen:
Von einem Komma ist abzuraten, wenn der Infinitiv mit zu in die Satzklammer (hier: wollen ... versuchen) einbezogen wird. Das kommt manchmal vor, wenn der übergeordnete Satz Hilfs- oder Modalverben enthält (Wir wollen diesen Vorgang zu erklären versuchen. Zwar hatten wir den Flug noch umzubuchen versucht ...) oder wenn der Infinitiv sich auf ein Adjektiv bezieht (Er ist immer zu helfen bestrebt; ... weil er immer zu helfen bestrebt ist). Mit anderer Wortstellung und freigestelltem Komma: Zwar hatten wir versucht, den Flug noch umzubuchen ... Er ist immer bestrebt[,] zu helfen; ... weil er immer bestrebt ist[,] zu helfen. Infinitivgruppen innerhalb von eingeleiteten Nebensätzen stehen immer in der Satzklammer. Daher ohne Komma: ... nachdem sie eine Firma zu gründen versucht hatte. Da sich niemand zu widersprechen veranlasst sah, ... Ebenfalls ohne Komma, da kein Einschub: Weil sie ohne zu zögern antwortete, ... Ein Komma kann man vor Infinitivgruppen setzen, die erst nach dem finiten Verb des Nebensatzes, also außerhalb seiner Satzklammer, stehen: ... nachdem sie versucht hatte[,] eine Firma zu gründen. Da sich niemand veranlasst sah[,] zu widersprechen, ... (Infinitivgruppen mit als zu, [an]statt zu, außer zu, ohne zu, um zu werden jedoch immer in Kommas eingeschlossen; vgl. 5.1).
Komma und Wortstellung
Durch ein oder zwei Kommas kann die Infinitivgruppe als Ganzes abgetrennt werden: Die Infinitivgruppe ist durch die Wortstellung mit den übrigen Teilen des Satzes eng verknüpft. Ein Komma ist nicht sinnvoll:
Wir bitten[,] den Betrag auf unser Konto zu überweisen. Wir bitten, den Betrag auf unser Konto zu überweisen, und verbleiben mit freundlichen Grüßen ... Wir bitten den Betrag auf unser Konto zu überweisen und verbleiben mit freundlichen Grüßen ... Den Betrag bitten wir auf unser Konto zu überweisen.
Den Betrag auf unser Konto zu überweisen[,] bitten wir deshalb, weil ...
Wir wollen versuchen[,] diesen Vorgang zu erklären. Wir wollen diesen Vorgang zu erklären versuchen.
Er ist immer bestrebt[,] zu helfen. Er ist immer zu helfen bestrebt.
Man schätzt ihn, weil er immer bestrebt ist[,] zu helfen. Man schätzt ihn, weil er immer zu helfen bestrebt ist.

5.2.3 Wir bitten[,] diesen Auftrag zu erledigen:
Ein Komma ist nicht sinnvoll, wenn der Infinitiv mit zu von Hilfsverben oder ähnlich wie Modalverben gebrauchten Verben, z. B. brauchen, scheinen, pflegen o. Ä., abhängt:

Du brauchst mir nicht zu antworten. Er pflegt uns jeden Sonntag zu besuchen.

Sie schien bei dem Anfall zu ersticken. Die Tropfen sind auf Zucker einzunehmen.

Sie hat nichts zu verlieren.
Bei einer ganzen Reihe von Verben, die einen Infinitiv mit zu anschließen können, ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob sie in dieser Verbindung als echtes Vollverb aufzufassen sind oder ob sie eine ähnliche Funktion haben wie ein Modalverb. Dazu gehören:

anfangen, aufhören, beginnen, bitten, denken, fürchten, gedenken, glauben, helfen, hoffen, verdienen, verlangen, versuchen, wagen, wünschen.
Bei solchen Verben richtet sich die Kommasetzung meist nach dem jeweiligen Gebrauch. Wird das Verb als vollwertiges Prädikat verwendet, steht oft ein Komma:

Er glaubt, sie mit diesen Einwänden zu überzeugen (= Er glaubt, dass er sie mit diesen Einwänden überzeugen wird). Wir bitten, diesen Auftrag schnell zu erledigen (= Wir bitten darum, dass Sie diesen Auftrag schnell erledigen).
Wird lediglich der von der Infinitivgruppe bezeichnete Sachverhalt modifiziert, findet sich häufig kein Komma:

Er glaubt sie mit diesen Einwänden zu überzeugen. (= Meiner Einschätzung nach irrt er sich, wenn er die Hoffnung hat, sie zu überzeugen). Wir bitten diesen Auftrag schnell zu erledigen (= Bitte erledigen Sie diesen Auftrag schnell).
Wenn die Infinitivgruppe mit Komma abgetrennt werden soll und als Zwischensatz eingeschoben ist, steht auch vor einem und, das zum übergeordneten Satz gehört, ein Komma:

Wir hoffen, Ihnen hiermit gedient zu haben, und grüßen Sie ... Wir bitten, die Waren morgen abzuholen, und werden unsere Marktleiterin verständigen.
Für weitere Informationen vgl. die oben angeführten Verben, ferner heißen, suchen, vermögen, verstehen, wissen.

5.2.4 Wir rieten ihm, zu folgen / Wir rieten, ihm zu folgen:
Ein Komma sollte gesetzt werden, wenn es hilft, Missverständnisse zu vermeiden:

Wir rieten ihm, zu folgen. (Aber:) Wir rieten, ihm zu folgen. Er fürchtet sich, zu verlieren. (Aber:) Er fürchtet, sich zu verlieren.

Er bedauerte, es (= das Schmuckstück) zu stehlen. (Aber:) Der Dieb bedauerte es, zu stehlen.

5.2.5 Sie hat die Absicht, eine Firma zu gründen:
Ein Komma steht, wenn eine Infinitivgruppe als Attribut von einem Substantiv abhängt:

Sie hat die Absicht, eine Firma zu gründen. Der Plan, morgen abzureisen, kann verwirklicht werden. Wir begrüßen alle Versuche, zu einem Ausgleich zu kommen. Ihre Freude, gewonnen zu haben, war deutlich sichtbar.
Besteht die Infinitivgruppe nur aus einem bloßen (einfachen) Infinitiv mit zu, kann das Komma weggelassen werden:

Der Plan[,] abzureisen[,] kann verwirklicht werden. Man vereitelte all seine Versuche[,] auszubrechen.

5.2.6 Er denkt daran, den Schlüssel einzustecken:
Ein Komma steht, wenn eine Infinitivgruppe von einem Korrelat oder einem anderen Verweiswort abhängt:

Er denkt daran, den Schlüssel einzustecken. Sie liebt es, lange Briefe zu schreiben. Und es gefällt ihr, auf Antwort zu warten. Er bestreitet es, geschlafen zu haben. Ins Olympiastation zu gehen, das ist immer ein Vergnügen.
Besteht die Infinitivgruppe aus einem bloßen (einfachen) Infinitiv mit zu, kann das Komma weggelassen werden:

Sie denkt daran, auszuwandern. Es gefällt ihr[,] zu übertreiben. Sie liebt es[,] zu reisen.
Hilft ein Komma jedoch, Missverständnisse zu vermeiden, so setzt man es (vgl. 5.2.4). Außerdem kann es nicht weggelassen werden, wenn die Infinitivgruppe vorausgeht und durch das Verweiswort wieder aufgenommen wird:

Auszuwandern, daran denkt sie oft. Auszuschlafen, das wäre jetzt schön.
© Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 6. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM]

Gruß

MG

 

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