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Re: Bewerbungen - Meinungen und Korrektur!

Autor:Rolf Keller
Datum: Fr, 18.04.2008, 13:05

> ich bewerbe mich hiermit

Es gibt überall Menschen, die zusammenzucken, wenn ein Brief mit "ich" anfängt. Also lässt man das besser, wenn man nicht weiß, wie der Leser darüber denkt. "Hiermit bewerbe ich mich" geht doch auch.

Erst ganz am Ende des Anschreibens erfährt der Leser, dass sich hier eine Azubine darum bewirbt, von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen zu werden. Das hätte ich gleich im zweiten Satz geschrieben und dafür das ganze Brimborium stark gekürzt: Der Arbeitgeber weiß ja, was Azubis bei ihm machen. "... bin im 3. Ausbildungsjahr ..." - das ist die Kernaussage.

Der Leser hat vielleicht nur eine halbe Minute Zeit pro Brief, um ihn einzusortieren (eigene Azubis, fremde Azubis, eigene Mitarbeiter, Fremdbewerber, ...).

> Durch die Arbeit dort konnte ich meine Verwaltungskenntnisse
> um ein Vielfaches erweitern.

"Kenntnisse erweitern"? Du hast Grundlagen gelernt. Vom Erweitern von Kenntnissen sprechen berufserfahrene Bewerber, wenn sie später etwas hinzulernen.

> das gute Verhältnis zu den Kollegen

Ich würde das nicht so schreiben. Da geht bei manchen Lesern die rote Warnlampe an, denn solche Floskeln liest man oft in Zeugnissen, wo sie dann "Hat kein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten" bedeuten. Also entweder neutral vom Arbeitsklima reden, oder "Vorgesetzte und Kollegen" schreiben.

> weckten in mir den leisen, aber intensiven Wunsch
> [...] Dieser Wunsch kann nun tatsächlich in Erfüllung gehen.

Das geht einfach nicht, so schreibt man in gefühlsschwangeren Romanen. Eine Bewerbung (und insbesondere die einer Schreibtischtäterin) schreibt man wie einen sachlichen Brief bzw. einen Geschäftsbrief.

"... hat mir das bisherige Arbeiten dort viel Freude gemacht ..." oder "... ich würde sehr gern die Gelegenheit nutzen ..." oder so.

> Da ich im Sommer diesen Jahres meine Ausbildung beenden werde, ist
> dies eine sehr gute Möglichkeit meine erlernten Fähigkeiten direkt
> unter Beweis zu stellen.

Du sollst deine Fähigkeiten nicht beweisen, sondern einsetzen.

Und nicht immer so umständlich schreiben, sondern klar und knapp, so dass man als Leser nicht nachdenken oder gar kombinieren muss. "Das offizielle Ende meiner Ausbildung ist der 30.08.2008, gern könnte ich aber schon kurze Zeit vorher ..." Ich denke aber, dass das ohnehin nicht geht, es ist schließlich eine Behörde. Ohne Zeugnis ist man dort quasi nicht berechtigt, den Posten zu übernehmen.

> Ich bin mir sicher, dass ich nach einer gewissen
> Einarbeitungszeit

Dass Azubis eine Einarbeitungsszeit brauchen, wissen die Leute dort schon. "... glaube ich, den Anforderungen gewachsen zu sein ..."

> -welche bereits in den letzten Wochen meiner
> Ausbildung stattfinden könnte

Man sagt heute "die" statt "welche".

> und mich als Ihre ehemalige Auszubildende als gute
> Mitarbeiterin herausstellen kann.

Zweimal "als" klingt verkrampft, "mich herausstellen" auch. "... von einer Auszubildenden zu einer guten Mitarbeiterin entwickeln ..." - oder so.

> Über ein Vorstellungsgespräch freue ich mich daher sehr!

Das muss man nicht durch ein Ausrufezeichen betonen, denn es ist selbstverständlich. Eigentlich kann man es weglassen, weil es jeder Leser weiß. Man schreibt es nur aus Konvention und auch deswegen, weil man den Brief irgendwie abschließen muss.

Als Azubine darfst du dir natürlich im Anschreiben ein paar "Klopse" leisten, die werden vom Leser toleriert. Aber besser ist es natürlich, das richtige Bewerben gleich jetzt zu lernen: Du wirst das später noch brauchen. Die wichtigste Frage ist nicht "Wie klingt es am schönsten?", sondern "Was will/erwartet/braucht der Leser?"

Später wird das Bewerben schwieriger sein, weil du dann eine berufliche Vorgeschichte hast, die du so hinbiegen und präsentieren musst, dass sie zu den Wünschen des neuen Arbeitgebers passt. Heute brauchst du ja nur zu schreiben, dass du die Ausbildung gerade beendest, damit hast du eigentlich schon alles gesagt.

MfG
Rolf Keller

 

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Rolf Keller -- Fr, 18.4.2008, 13:05