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Re: Partizipien in analytischen Verbformen

Autor:Pumene
Datum: So, 11.02.2024, 10:21
Antwort auf: Re: Partizipialattribut (Oguzhan)

> Also hängt es vom Kontext ab, richtig?
Es sind drei verschiedene analytische Verbformen, die in unterschiedlichen Kontexten verwendet werden.

Dein Betreff ist nicht so glücklich gewählt, es handelt sich nicht um ein „Partizipialattribut“, sondern das Partizip II wird verwendet, um verschiedene passivische analytische (mit Hilfsverb gebildete) Verbformen zu bilden. Es gibt in der deutschen Sprache zwei verschiedene Passive, das Vorgangspassiv und das Zustandspassiv; die beiden ersten Möglichkeiten betreffen das Vorgangspassiv in zwei verschiedenen Zeiten (Präteritum = einfache Vergangenheit, Perfekt = „vollendete Gegenwart“), die dritte das Zustandspassiv in der Gegenwart (Präsens). Je nach Kontext wird eine der drei verschiedenen Möglichkeiten gewählt.
Für die ersten beiden Möglichkeiten wäre der Ausdruck „Partizipialattribut“ völlig abwegig, da es sich um „verbale Partizipien“ handelt. Für die dritte Möglichkeit trifft zwar zu, dass es sich um ein „adjektivisches Partizip“ handelt, es wird in diesem Satz allerdings prädikativ und nicht attributiv verwendet, so dass auch hier der Betreff nicht passt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Partizip#Syntax

Partizip Perfekt
Deutsche Sprache
Syntax
Das Partizip II dient
zur Verwendung eines Verbs im Passiv
, als Adjektiv oder Adverb im Satz
zur Bildung von zusammengesetzten (analytischen) Zeitformen:
Perfekt, Plusquamperfekt, Futur II; jeweils im Aktiv,
sowie für sämtliche Zeitformen im Passiv
Beispiele:

die geliebte Mutter – das gesungene Lied – der verlorene Sohn
ich habe geliebt (Perfekt Aktiv) – ich werde geliebt (Präsens Passiv)
er ist nach Hause gefahren (Perfekt Aktiv) – er wird nach Hause gefahren (Präsens Passiv)
Das Partizip Perfekt wird gewöhnlich von den Verben haben, sein und werden regiert. Gelegentlich treten aber auch andere Partizip-regierende Verben in Erscheinung, etwa das Verb bekommen (Beispiel: etwas geschenkt bekommen). Diese Sonderform des Passivs wird als bekommen-Passiv, „Rezipientenpassiv“, „Benefizientenpassiv“ oder „Dativpassiv“ bezeichnet.[7] Weitere Beispiele für Partizip-regierende Verben:

(gefangen) nehmen/setzen/halten
(gelegen) kommen
(verloren) geben/glauben/wissen
Adjektivische Eigenschaften
Adjektivische Eigenschaften des Partizips II sind die Steigerbarkeit (Beispiel: die gelungenste Vorstellung), die Antonymie (Beispiel: belebt – unbelebt), die Möglichkeit, Komposita zu bilden (Beispiel: hochgeliebt) sowie die Möglichkeit der attributiven wie der prädikativen Verwendung (Beispiel: das gesungene Lied – der Sohn ist verloren).

Einige Partizipien sind als Adjektive so selbstständig, dass ein zugrundeliegendes Verb gar nicht existiert oder eine vollständig andere Bedeutung hat (Beispiele: behaart, geflügelt, verwandt).

Die Partizipien II der echten intransitiven Verben können nicht adjektivisch verwendet werden, sondern dienen lediglich zur analytischen Bildung der Zeiten Perfekt, Plusquamperfekt und Futur II. Die Partizipien der unakkusativischen Verben erlauben dagegen eine Verwendung als Adjektiv-Attribut, sie haben aktivische statt passivische Bedeutung (Beispiele: einschlafen, eintreffen, verrosten).

https://de.wikipedia.org/wiki/Partizipialattribut

Partizipialattribut
Ein Partizipialattribut oder Partizipattribut ist in der deutschen Sprache eine Partizipialkonstruktion bestehend aus einem Partizip und gegebenenfalls einer Erweiterung. Es wird einem Substantiv als Attribut zugeordnet. Partizipialattribute können in unterschiedlichen sprachlichen Formen vor oder nach ihrem Bezugswort stehen und treten häufig kombiniert auf.

Man unterscheidet Partizip-I-Attribute und Partizip-II-Attribute.

Beispiele:

Das zusammengenähte runde Gefäß dient dem Transport. Hierbei ist „zusammengenäht“ ein Partizip-II-Attribut, „rund“ ein weiteres Adjektivattribut und „Gefäß“ das zu beschreibende Substantiv.
die schwimmende Boje: Hierbei ist „schwimmend“ ein Partizip-I-Attribut.
der länger im Gehirn bleibende Gedanke: Das Partizip I „bleibend“ ist hier durch „länger im Gehirn“ erweitert, zusammen bilden sie ein Partizipialattribut.
Partizipialattribute können auch in attributive Relativsätze umgewandelt werden.

Beispiel:

der länger im Gehirn bleibende Gedanke → der Gedanke, der länger im Gehirn bleibt

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> Es gibt drei Funktionen des Lachens, die durch zahlreiche Untersuchungen belegt wurden/worden sind/sind.

Es gibt drei Funktionen des Lachens, die durch zahlreiche Untersuchungen belegt wurden.

Es gibt drei Funktionen des Lachens, die durch zahlreiche Untersuchungen belegt worden sind.

Es gibt drei Funktionen des Lachens, die durch zahlreiche Untersuchung belegt sind.

Während bei den ersten beiden Varianten im Vorgangspassiv das Partizip II unflexierbar ist, also den Namen „Partizip“ eigentlich gar nicht verdient (es hat nichts mit einem Eigenschaftswort zu tun, ist also auf keinen Fall ein „Partizipialattribut“, sondern ein „verbales Partizip“), ist die Eigenschaft des Partizips II bei der dritten Variante im Zustandspassiv anders, es handelt sich um ein Partizip, welches flexierbar, steigerbar, negierbar ist, man könnte es mit einem „prädikativen Partizip“ vergleichen bzw. es kommt einem „adjektivischem Partizip“ nahe.

z.B. könnte man nicht sagen:

Es gibt drei Funktionen des Lachens, die durch zahlreiche Untersuchungen *unbelegt wurden/worden sind.

aber Folgendes ist möglich:

Es gibt drei Funktionen des Lachens, die durch zahlreiche Untersuchungen unbelegt sind.

( mal ganz abgesehen vom Wahrheitsgehalt dieser Aussagen)

 

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Oguzhan -- So, 11.2.2024, 08:56
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