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SPIEGEL und die Rechtschreibung

Autor:Julian von Heyl
Datum: Do, 14.10.2004, 16:28

Hallo,

dass der SPIEGEL seinen (Fast-)Alleinkurs der alten Schreibung nicht lange durchhalten würde, war mir ohnehin klar. Dass er allerdings schon VOR der Rückkehr zur alten Schreibung das Handtuch werfen würde, überrascht mich doch. In seiner "Hausmitteilung" heißt es diese Woche:

--------------- schnipp ----------------------------
Nach Protesten auch der Schriftsteller-Prominenz haben sich die Ministerpräsidenten am Freitag voriger Woche von dem Beschluss distanziert, dem die Ankündigung des SPIEGEL [...] gegolten hatte: Anlass war die Entscheidung der Kultusministerkonferenz, die missratene Reform zum 1. August 2005 unverändert verbindlich werden zu lassen. Nun soll nach dem Willen der Länderchefs ein "Rat für deutsche Rechtschreibung", plural besetzt mit Reformgegnern und -befürwortern, Änderungen in den Bereichen Fremdwörter, Interpunktion sowie Getrennt- und Zusammenschreibung [...] erörtern. Von der Besetzung des Gremiums sowie vom Ablauf und vom Ergebnis der Beratungen wird der SPIEGEL sein weiteres Vorgehen abhängig machen."
--------------- schnapp ----------------------------

Womit sich der SPIEGEL nicht nur ein Hintertürchen, sondern direkt ein ganzes Scheunentor aufmacht, die vollmundig angekündigte Rückkehr zur alten Schreibung sang- und klanglos sterben zu lassen.

Davor im Text werden im Übrigen ganz in alter Reich-Ranicki-Tradition wieder falsche und irreführende Beispiele gegeben, um die neue Rechtschreibung in ein schlechtes Licht zu rücken:

--------------- schnipp ----------------------------
Ob jemand ein "viel versprechender" oder ein "vielversprechender" Politiker ist, ob einer sich in den "wohl verdienten" oder den "wohlverdienten" Ruhestand begibt, ob einer an einer "meist befahrenen" Straße wohnt oder an der "meistbefahrenen" der Stadt - das ist keineswegs einerlei."
--------------- schnapp ----------------------------

Wohl aber ist dem SPIEGEL in seiner Argumentation für die alte Schreibung offenbar alles einerlei. Denn lediglich bei "vielversprechend" erlaubt die Rechtschreibreform nun auch die Auseinanderschreibung "viel versprechend", die alte Zusammenschreibung ist aber weiterhin gültig. Die anderen Beispiele sind schlichtweg Unsinn, an den Schreibungen "wohlverdient" und "meistbefahren" hat sich mit der Reform nichts geändert, die entsprechenden Auseinanderschreibungen sind vom SPIEGEL frei erfunden worden bzw. im Falle von "meist" wurden böswillig Indefinitpronomen und Adverb durcheinander gebracht.

Grüße
Julian

 

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Julian von Heyl -- Do, 14.10.2004, 16:28
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