korrekturen.de | Korrektorat und Lektorat

Rechtschreibforum

Bei Fragen zur deutschen Rechtschreibung, nach Duden richtigen Schreibweise, zu Grammatik oder Kommasetzung, Bedeutung oder Synonymen sind Sie hier richtig. Bevor Sie eine Frage stellen, nutzen Sie bitte die Suchfunktionen.

Wortmacht und -metz und Poesie

Autor:Bedenkentraeger
Datum: Di, 23.12.2014, 12:23
Antwort auf: Re: Satzzeichen (Claudia)

> > Mit einem Wort bedeutet auch mit einem Wort. Man
> > kann den Ausgangssatz nicht so lassen. >:(

> ... da hast du natürlich recht!!

Die beiden Pluralformen Wörter und Worte lassen Unerschrockene erahnen, dass auch deren gemeinsame Singularform Wort durchaus verschiedene Bedeutungen haben kann.

Da das Weihnachtsfest naht und ich mit dem folgenden Wort nicht schließen möchte, dieses aber ein sehr wichtiges ist, dieses also zuerst:

Mit einem Wort, der Kampf um die Herrschaft über die Sprache geht weiter, und nichts deutet auf sein baldiges Ende hin, denn das Bestreben zur Maximierung der Macht - also auch der Macht über die Sprache - liegt in der Natur aller autoritären Systeme.

Dieses und weitere wichtige, lesenswerte Worte hier: http://folio.nzz.ch/1994/oktober/macht-und-ohnmacht.


Im Sommer dieses Jahres (2014) charakterisiert Sieglinde Geisel den Wortmetzen Arno Schmidt in ihrem NZZ-Artikel Zauber der Interpunktion mit einem sehr löblichen Wort:
Arno Schmidt gehört zu jenen Autoren, die man, mit einem Wort von William H. Gass, als «members of the permanent avant-garde» bezeichnen kann.

Friedrich Schiller schrieb dieses leidenschaftliche Wort:

Wenn in allen unsern Stücken ein Hauptzug herrschte, wenn unsre Dichter unter sich einige werden und einen festen Bund zu diesem Endzweck errichten wollten – wenn strenge Auswahl ihre Arbeiten leitete, ihr Pinsel nur Volksgegenständen sich weihte, – mit einem Wort, wenn wir es erlebten, eine Nationalbühne zu haben, so würden wir auch eine Nation.

Über Schiller schrieb später allerdings Georg Büchner:

Mit einem Wort, ich halte viel auf Goethe oder Shakespeare, aber sehr wenig auf Schiller.

Diese Abneigung war aber sicher nicht in Schillers Wort-Auffassung begründet, denn auch Shakespeare hatte doch in Timon of Athens bereits one word geschrieben:

I have one word to say to you:
look you, my good lord,
I must entreat you,
honour me so much
As to advance this jewel;
accept it and wear it,
Kind my lord.

Ein weises Wort schrieb einst Franz Grillparzer:

Das Genie unterscheidet sich von dem Talente weniger durch die Menge neuer Gedanken, als dadurch, daß es dieselben fruchtbringend macht, und sie immer auf der rechten Stelle hat; mit einem Wort, daß bei ihm alles zum Ganzen wird, indes das Talent lauter, wenn auch schöne, Teile hervorbringt.

Und ein bezauberndes Wort sprach einmal Hugo von Hofmannsthal:

Sie suchen, was sie stärker als alles mit der Welt verknüpfe, und zugleich den Druck der Welt mit eins von ihnen nehme. Sie suchen ein Ich, an dessen Brust gelehnt ihr Ich sich beruhige. Sie suchen, mit einem Wort, die ganze Bezauberung der Poesie.

Ein frohes Weihnachtsfest wünscht der
Bedenkenträger

 

antworten


Beiträge zu diesem Thema

Satzzeichen
Claudia -- So, 21.12.2014, 12:29
Re: Satzzeichen
Kai -- So, 21.12.2014, 19:53
Re: Satzzeichen
Claudia -- Mo, 22.12.2014, 14:35
Re: Satzzeichen
Kai -- Mo, 22.12.2014, 20:03
Re: Satzzeichen
Claudia -- Mo, 22.12.2014, 20:10
Wortmacht und -metz und Poesie
Bedenkentraeger -- Di, 23.12.2014, 12:23
Re: Wortmacht und -metz und Poesie
Kai -- Di, 23.12.2014, 14:58