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> Übrigens habe ich im Vorwort des Dudens von 1985 eine
> interessante Bemerkung über die Rechtschreibung entdeckt, der
> ich voll zustimmen möchte:
> "Sie ist jedoch kein Selbstzweck. und sie ist erst recht
> kein Gradmesser für Begabung und Intelligenz. Lehrer wie
> Lernende sollten daher zu einer aufgeschlossenen Einschätzung
> gelangen, die Überbewertung von Rechtschreibfehlern abbauen und
> Rechtschreibung als das betrachten, was sie ausschließlich sein
> soll: ein geeignetes Mittel zur Erleichterung der schriftlichen
> Kommunikation."

Dieser Schmonzes – ausgerechnet im Vorwort eines Rechtschreibkompendiums – wirft ein hübsches Licht auf den Zeitgeist. Nach zwei einleitenden Binsenweisheiten wird erstens behauptet, die Rechtschreibung sei überbewertet und müsse entsprechend geringer geschätzt werden. Zweitens: schriftliche Kommunikation sei auch ohne Rechtschreibung möglich und "erleichtere" diese lediglich. Zugleich wird dem Nachschlagewerk mit der Forderung nach einer "aufgeschlossenen Einschätzung" ein fortschrittlich klingelndes, dabei völlig hohles Schwabbeldeutsch vorangestellt, das mit Kommunikation allenfalls auf emotionaler Ebene zu tun hat. Dazu paßt perfekt, daß diese "aufgeschlossene Einschätzung" nicht etwa nur Lehrern empfohlen, sondern aufs Schleimigste auch "Lernenden" angedient wird: eine Einladung an jeden Schüler, Fehlleistungen als gutes Recht zu betrachten.

Wieso fühlte sich die Dudenredaktion zur Ausstellung dieses Persilscheins, zur Absonderung solchen Dünnpfiffs bemüßigt – in einer Zeit, als die meisten Kinder längst das Lesen eingestellt hatten und kaum mehr einen sinnvollen Satz zu Papier bringen konnten? Antwort: die Dudenredaktion wurde schon damals nicht dafür bezahlt, dem öffentlichen Interesse zu dienen, sondern dafür, der Masse nach dem Munde zu reden, um möglichst viele Bücher zu verkaufen.

Grüße, Olsen