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> Vergelts Gott für solche ausführliche Antwort! Da steckt wohl
> eine Menge Arbeit dahinter.
> Verstehe ich Sie richtig, dass es man könnte – und genauer zu
> sein konnte – statt Konjunktiv II den Ersten verwenden?
Nein, ich halte es für möglich, dass zur Zeit Martin Luthers der Konjunktiv 1 in diesem Kontext sogar die grammatisch richtige Form war. So wie ich den Satz verstehe, würde man ihn heute aber wohl ganz ohne Konjunktiv formulieren und gewiss nicht mehr mit Konjunktiv 1. Mit Konjunktiv 2 wäre er im heutigen Deutsch zwar grammatisch korrekt. Das würde in unserem Satz aber heißen, dass Hiob nicht reich im materiellen, sondern nur im ideellen Sinne war. Das wäre aber inhaltlich falsch.
> Ich habe generell irgend das Gefühl, dass Konjunktiv II populär
> als Konjunktiv I wurde.
In der indirekten Rede verdrängt der Konjunktiv 2 mehr und mehr den Konjunktiv 1, besonders im Mündlichen. Der Konjunktiv 2 wird seinerseits – ebenfalls verstärkt im Mündlichen – immer mehr von der Würde-Periphrase verdrängt.
In dem Text aus Luthers Zeiten haben wir es aber mit einer ganz anderen, mittlerweile ausgestorbenen Verwendung des Konjunktivs 1 zu tun. Ich würde auch nicht unbedingt behaupten, dass der gegenwärtige Rückzug des Konjunktivs 1 aus der indirekten Rede in derselben Tradition steht wie sein Verschwinden aus einer Verwendung wie im Kontext der genannten Fußnote in der Lutherbibel. Beides kann ganz unterschiedlich motiviert sein.
Ich denke eher, dass das Phänomen heutzutage damit zu tun hat, dass immer mehr Leute bei vielen Verben gar nicht mehr wissen, wie man den Konjunktiv 1 überhaupt bildet bzw., wenn sie es doch theoretisch wissen, es ihnen in spontaner Rede zu umständlich ist, sich noch Gedanken darüber zu machen, und stattdessen einfach immer auf »würde« ausweichen.