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Germanist Ickler verlässt Rechtschreibrat: "Unausgegorenes Machwerk"

Autor:Julian von Heyl
Datum: Fr, 24.02.2006, 14:03

Darmstadt/Erlangen (APA/dpa) - Der Germanist und Rechtschreibreform-Gegner Theodor Ickler steigt aus dem Rat für deutsche Rechtschreibung aus. "Ich bin der Überzeugung, dass sich dort nichts mehr bewegen lässt", sagte Ickler, der bisher für den Schriftstellerverband PEN im Rechtschreibrat saß, am Freitag in einem dpa-Gespräch. Die Vorschläge zur Korrektur der Rechtschreibreform, die der Rat am Montag der Kultusministerkonferenz (KMK) übergeben werde, seien völlig unzureichend. "Große Teile der Reform sind überhaupt nicht mehr behandelt worden", kritisierte Ickler.

So seien die Regeln zur Laut-Buchstaben-Zuordnung (Gräuel/Greuel) und zur Schreibung von Fremdwörtern überhaupt nicht mehr zur Sprache gekommen. "Die Groß- und Kleinschreibung ist nur etwa zur Hälfte bearbeitet worden", bemängelte der Erlanger Hochschulprofessor. Die vorgesehene Anhörung zu diesem Thema habe gar nicht stattgefunden.

"Es ist unvermeidlich, dass jetzt eine enorme Verwirrung ausbricht, weil dieses Machwerk völlig unausgegoren ist", sagte der Wissenschafter. Viele der beibehaltenen Regeln aus dem Reformwerk seien irreführend und fehlerträchtig. "Zehetmair soll nicht sagen können: Die Schriftsteller haben das mitgetragen und sind dabei", sagte Ickler mit Blick auf den Ratsvorsitzenden, den früheren bayerischen Kultusminister Hans Zehetmair (CSU). Das PEN-Zentrum werde allerdings weiter im Rat mitarbeiten und möglicherweise einen neuen Vertreter entsenden.

"Es war einfach der Wunsch der KMK, zum März ein Ergebnis zu haben", sagte Ickler. Dahinter stünden nicht zuletzt wirtschaftliche Interessen: "Der Druck der Schulbuch- und Wörterbuchlobby ist enorm." Besonders die großen Wörterbuchverlage hätten im Rat "eine Funktion übernommen, die ihnen gar nicht zusteht". So hätten sie die Liste der Einzelfallregelungen allein mit der Geschäftsführerin des Rates, Kerstin Güthert, ausgehandelt. "Der Rat hat dieses Wörterverzeichnis nicht mehr gesehen."

Besonders verärgert zeigte sich Ickler über die Beibehaltung der umstrittenen Reformen bei der Trennung von Fremdwörtern wie "Di-/agnose" oder "Bi-/otop". Diese missachte völlig die Herkunft der Wörter. "Das halte ich für eine unglaubliche Verfehlung und auch für eine Geringschätzung und Verachtung der Schüler, denen man das als gleichwertig vorsetzt." Unzureichend nannte Ickler außerdem die Änderungsvorschläge zur Zeichensetzung.

Entscheidend könnte nach Ansicht Icklers nun die Reaktion reformkritischer Medien wie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der Blätter des Springer-Verlags sein. "Am besten wäre es, wenn sich jetzt die Medien zusammenfänden und sagten, wir bleiben einfach bei der alten Rechtschreibung." Möglicherweise werde sich auch trotz einer offiziellen Billigung der Vorschläge "in der Praxis eine konservative Schreibung" durchsetzen. "Das halte ich auch für wahrscheinlich", sagte Ickler.

 

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