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> Voraus!

Die Theorie greift einfach zu kurz. Tatsächlich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit sehr, dass ein Komma gesetzt werden muss, wenn die Adjektive semantisch eng zusammenhängen. Die Definition führt aber zu Abgrenzungsschwierigkeiten und schafft eigentlich mehr Probleme, als sie löst. Nehmen wir nur das Duden-Beispiel nach langem[,] schwerem Leiden: Man ist hier geneigt, "lang" und "schwer" als semantisch eng zusammenhängend zu sehen, tatsächlich aber wird die semantische Verbindung gerade erst durch die Kommasetzung definiert:

nach langem, schwerem Leiden = ein Leiden, das lang und schwer war.
nach langem schwerem Leiden = ein schweres Leiden, das lange anhielt.

Der Umkehrschluss funktioniert erst recht nicht und schon gar nicht mit dem genannten Beispiel, denn den "jungen schweigsamen Mann" würde ich spontan erst einmal umdrehen: ein schweigsamer junger Mann. Denn man wird eher einen jungen Mann als schweigsam charakterisieren als dass man einen schweigsamen Mann als jung charakterisiert. Abgesehen davon gilt hier wiederum, dass erst die Kommasetzung die Lesart und damit die Semantik festlegt:

ein schweigsamer, junger Mann = ein Mann, der schweigsam und jung ist.
ein schweigsamer junger Mann = ein junger Mann, der schweigsam ist.

Es ist also das Henne-Ei-Problem: Wenn man versucht, allein über die Semantik Regeln für die Kommasetzung aufzustellen, übersieht man dabei, dass gerade die Kommasetzung oft die Semantik definiert.

Grüße
Julian