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Gut, ich erlaube mir hier einen grundsätzlichen Aspekt einzubringen, der meiner Meinung nach in diesen Fragen entscheidend sein müsste. (Ich nehme an, viele werden sich jetzt hier mit Freude darauf stürzen, diese Sicht zu zerpflücken.)

Wie gesagt, es finden sich immer irgendwelche Ausweichmöglichkeiten. Man kann das so leichthin sagen und hinnehmen, wobei man dann aber bewusst beiseite schiebt, dass dies aus einem formellen Zwang heraus gemacht wird. Es ist daher schon nahezu logisch, dass das nicht gerade optimal ist. Das zeigt sich zunächst daran, dass oft gewisse Unschönheiten anderer Art in Kauf genommen werden müssen. Aus meiner Sicht hat es aber noch viel grundsätzlichere Folgen.

Es gibt jede Menge Textarten (sogar auch in sehr theoretischen, philosophischen usw. Bereichen), bei denen legitimerweise der Schreibende darauf setzt, dass das Geschriebene in dem von ihm gemeinten Sinn gelesen wird. Wie dies analog auch beim Sprechen der Fall ist: Wir statten das Ausgesprochene sehr oft mit Hinweisen in Form von Betonung, Sprachmelodie, Blick und Mimik aus, damit man es in unserem Sinn versteht. Die Rolle und die Variabilität dieser Ausdrucksmöglichkeit ist enorm. Wenn bei der Übertragung des Gesagten in Schrift die Möglichkeiten in dieser Hinsicht zu stark eingeschränkt sind, ist das in letzter Konsequenz ein Armutszeugnis für die Sprache.

Ein simples Beispiel. Wenn ich in einem für die Bühne bestimmten Text, in den ich wichtige Botschaften verpacken möchte, den Wunsch habe, ein Wort möge im gesprochenen Satz betont werden, kann ich das mit Kursivschrift erreichen. Eine noch stärkere Betonung, die in meiner Vorstellung mit einer winzigen Pause nach dem Wort, einem speziellen Blick oder sogar einem gehobenen Zeigefinger des Sprechenden erreicht werden sollte, könnte ich schriftlich am einfachsten so ausdrücken, dass ich dem kursiv geschriebenen Wort (!) anhänge. Sollte das (oder etwas Ähnliches mit Mitteln der Satzzeichen und der Typographie) aufgrund geltender formeller Vorgaben nicht zulässig sein, wäre das, wie gesagt, ein Versagen der Sprache.

Um es noch an meinem ursprünglichen Beispiel zu veranschaulichen:
"Ich sage dir nun Folgendes – Achtung, Überraschung!: Die Sache verhielt sich ganz anders."
Wenn das die Wiedergabe eines von mir gehörten Satzes wäre, würde ! bedeuten, dass das Wort auf eine spezielle Weise betont wurde, wahrscheinlich mit einer winzigen Pause nach dem Aussprechen. Ganz unabhängig davon würde aber : bedeuten, dass aus der Aussprache eindeutig die Ankündigung herauszuhören war, der Satz endet nicht mit dem Ausrufezeichen, sondern geht weiter.

Um es pathetisch auszudrücken: Warum um Gottes Willen soll das nicht möglich sein?! Zumal alle Mittel (Satzzeichen, Typographie) längst vorhanden sind.

(Ist hiermit freigegeben zum Zerpflücken! [;–)])