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Re: Auslassung?

Autor:Ivan Panchenko -
Datum: So, 07.11.2021, 19:55
Antwort auf: Re: Auslassung? (Ivan Panchenko)

«∞ viele» (statt «unendlich viele») würde ich allerdings nicht schreiben, obwohl es dafür Belege gibt. Man schreibt schließlich auch nicht «2 viele Dinge» statt «2 Dinge». Das Wort unendlich steht hier für keine konkrete Zahl, sondern wird adverbial in Bezug auf viel verwendet, so dass allgemein so viel wie mit «nicht nur n (mehr als n) für jede natürliche Zahl n» ausgedrückt wird. Man kann jedoch «Das Zählmaß ist ∞» schreiben.

Abschweifung: In einem Arte-Video wird die Formel «|ℕ| = ∞» gezeigt, das Zeichen «∞» wird in diesem Zusammenhang aber eigentlich nicht verwendet (Mächtigkeit/Kardinalzahl einer Menge), weil es eben mehr als nur eine unendliche Kardinalzahl gibt – in diesem Fall ist ℵ₀ die Kardinalzahl, im Video werden Aleph-Zahlen auch kurz angeschnitten.

Das Unendlichzeichen wird gerne als bequeme Schreibweise verwendet, um die Überschreitung jeder natürlichen Zahl zu erfassen, ohne zu unterstellen, dass es tatsächlich ein Objekt namens «∞» gibt – man kann gleichzeitig «Der Grenzwert der Folge ist ∞» und «Die Folge hat keinen Grenzwert» sagen! –, denn die reellen Zahlen bilden einen Körper, zusammen mit −∞ und ∞ (affine Erweiterung) hätten wir die Eigenschaft nicht mehr. In der Norm DIN 1302 wird «∞» als pragmatisches Zeichen behandelt und es heißt, dass das Zeichen in verschiedenen zusammengesetzten Ausdrücken auftritt, die jeweils für sich definiert werden müssen. Ich hätte da einen anderen Ansatz, und zwar würde ich das Ganze in einer freien Logik formalisieren und «∞» als leeren Term betrachten, also einen Term, der keinen Referenten innerhalb des Quantifizierungsbereichs hat – gerne mit dual-domain semantics, wobei 𝐑 der innere Bereich und 𝐑 ∪ {−∞, ∞} der äußere Bereich sein soll. So braucht die Formulierung «i von n bis ∞» (Laufvariable bei Summen/Produkten) nicht extra erklärt zu werden.

Das Arte-Video ist auch sonst fehlerhaft.

• 6:30: Die Jahreszahl stimmt nicht. Cantors erster veröffentlichter Überabzählbarkeitsbeweis erschien 1874 und kam noch ohne das Diagonalverfahren aus. Im Jahre 1891 erschien von ihm ein Diagonalargument.

• 4:38: Das mit «aller ganzen Zahlen» ist wohl durch Übersetzung aus dem Französischen entstanden. Im Französischen steht nombre entier für eine natürliche Zahl (entier naturel) oder allgemeiner für eine ganze Zahl (entier relatif). Hier geht es um die Menge aller NATÜRLICHEN Zahlen.

• 9:27: Es ging Kronecker doch wohl nicht einfach darum, dass etwas «zu modern» ist, vielmehr war er finitistisch orientiert (Und ich glaube auch, dass es dereinst gelingen wird, den gesammten Inhalt aller dieser mathematischen Disciplinen [Geometrie und Mechanik sind hier nicht einbezogen – Ivan] zu „arithmetisiren“), da passten ihm überabzählbar unendliche Mengen nicht ins Programm.

• 3:25: Wieso «seit dem 18. Jahrhundert»? Das Zeichen «∞» wurde bereits im 17. Jahrhundert von John Wallis eingeführt, Georg Cantor wurde wiederum erst im 19. Jahrhundert geboren.

 

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