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> 1.
> Der Kakadu richtete ergrimmt sein Gefieder auf und blickte
> erleichtert in das Kinderzimmer, dessen Tapete blutverschmiert
> war von dem Massaker, welches er gerade engagiert und unter
> Zuhilfenahme von Gabys akkubetriebenen Küchenmixers angerichtet
> hatte. „Ach“, dachte der Kakadu bei sich, „wären die dicken
> Kinder doch besser leise gewesen.“ Denn er hasste es sehr, wenn
> Außengeräusche den Genuss seiner Audible-Hörbücher trübten.
> Audible, große Hörbucher zum kleinen Preis! Er beschloss, sich
> zu Weihnachten einen Kopfhörer mit Noise-Canceling zu wünschen,
> um zukünftige Blutorgien zu vermeiden. Und der Küchenmixer war
> auch hinüber: Kinderhirn verklebte die Knethaken; Gaby würde
> dies sehr ärgern, denn diese Woche war sie dran mit dem Abwasch;
> es war eine ungerade Woche und morgen war Dienstag. Aber es war,
> wie es war. Der Kakadu schloss die Tür der Nachbarwohnung,
> schlich wohlgemut zurück, darauf achtend, keine Tropfspuren zu
> hinterlassen. Zurück in seinem Sessel drückte er wieder auf den
> Wiedergabe-Knopf und Audible erfüllte wohlklingend dank bester
> Audioqualität das Wohnzimmer. Jetzt kam die Stelle, an dem die
> adelige Großgrundbesitzerin den jungen Stallknecht auf eine Dose
> Pringles ins Herrenhaus bat, in den Salon, in dessen Kaminen
> flauschige Feuer flackerten, obgleich Hochsommer war und ein
> Duft von Flieder durch die alten Akazien wehte, Duft, der an den
> weiß strahlenden Vorhängen der Flügelfenster anhaftete und
> lieblich ... - erneut schrak der Kakadu auf, denn wieder lärmte
> es aus der Nachbarswohnung. Ein kurzer Schrei! Gramerfüllt. Der
> Schrei glücklicherweise aber schnell wieder verstummte: ja, die
> Mutter der dicken Kinder war einer [entweder der Schrei der Mutter „einer“ oder die Mutter „eine“] der leiseren Sorte, ganz
> anders als ihre Kinder es zu Lebzeiten gewesen waren. Und dann
> machte die Pringles-Dose Plopp und man hörte den geschickt
> eingespielten Sound von Chipsknacken aus den Lautsprechern. Die
> Großgrundbesitzerin und der Stallbursche ließen die Pringles auf
> ihren jungen Zungen knacken, leckten gierig das Salz und das
> Paprikapulver aus den knusprig gebackenen Rillen der
> Oberflächen. Knusper, knusper ... wahrlich, es war wirklich ein
> sehr schön produziertes Hörbuch, man hatte keine Kosten und
> Mühen gescheut, selbst subtile Geräusche einzufügen. Audible
> sollte den nächten Literaturnobelpreis kriegen, dachte der
> Kakadu, denn Audible tat so viel für die Literatur. Er liebte
> Audible. Und er liebte Literatur. Der Stallbursche küsste die
> Großgrundbesitzerin, ihre Lippen waren voll, sie war erst
> dreizehn, dann betrat ihr Vater, Lord Gnompen, den Salon und
> erzürnte, denn diese Verbindung war nicht standesgemäß,
> wenngleich der Stallbursche sich stets gut um die Pferde und
> Fohlen gekümmert hatte. Sogar der Katze und ihren Welpen, die
> bei den Ställen lebten, stellte der Stallbursche Milch hin.
> Sojamilch, denn die Gnompens lebten vegetarisch, und als der
> Kutscher einst wagte, Kuhmilch während der Fahrt zu trinken,
> erstach Lord Gnompen ihn bei voller Fahrt mit seinem Degen –
> was sehr richtig war, denn Milchkühe sind Freunde, da stimmte
> der Kakadu zu. Ja, der Kakadu hoffte, der Kutscher starb elendig
> an dem Degenstich. Der Kakadu hoffte, der Kutsche wälzte sich
> noch lang in Todesqualen im Staub der Straße, der von Zedern
> gesäumten Straße, die fort führte von dem prächtigen Herrenhaus,
> dessen Ränder gesäumt waren von schönen Plantagen, auf denen
> gutgelaunte Afroamerikaner beherzt ihr Tagwerk verrichteten,
> unterstützt von ihrem Support-Team, welches mit sorgsam
> geflochtenen Gerten auf edlen weißen Schimmelpferden durch die
> hohen Baumwollhalme trabten. Lord Gnompen riss die Pringles-Dose
> an sich und schloss sie: „Genug!“, schrie er leise, denn der
> Schock saß ihm tief. „Oh, Martha“, rief Lord Gnompen, „es ist
> nur ein Stallbursche. Ein Stallbursche, Martha! Du bist seit
> jeher Earl Meyer versprochen. Seit jeher, Martha! Du bringst nur
> Ungemach.“
> Der Kakadu nickte, denn so war es. Martha brachte nur Ungemach
> über Haus Glompen. Eine Schande war sie. Plötzlich hasste der
> Kakadu Martha, weil sie sich kein bisschen an Absprachen hielt.
> Menschen, die sich nicht an Absprachen hielten, waren
> verabscheuungswürdiger als laute, dicke Kinder; das wusste der
> Kakadu sehr wohl. Er hoffte, die doofe Martha würde verstoßen.
> Und so kam es auch. Lady Martha von Glompen wurde verstoßen. Und
> das Hörbuch endete, damit der zweite Band Martha in den Gossen
> Londons behandeln konnte. Der zweite Band trug den Titel „Martha
> – Gossenjahre einer Lady“. Ja, der Autor war sehr engagiert.
> Es gab zweiunddreißig Bände mit der guten Martha und der Kakadu
> beschloss, sie alle zu hören, denn er besaß ein
> Audible-Jahresabo. Jeder sollte ein Audible-Jahresabo besitzen,
> fand der Kakadu und drückte zärtlich, doch widerwillig den
> Stop-Knopf. Er drehte den Kopf. Alles war still. Er lehnte sich
> zurück, sein Schwanz berührte keine Sekunde lang
> die Lehne, als er ein leichtes Wasserrauschen vernahm. Aber es
> war nur Gaby. Gaby spülte ab, denn morgen sollte es frische
> Waffeln geben; die Butter hatte sie schon weich gestellt.
> 2.
> „Es ist nicht nett, Nachbarn umzubringen“, sagte Gaby und der
> Kakadu nickte und sah es ein. „Und was die Waffeln betrifft,
> manchmal denk ich, du glaubst, hätten
> keine Kalorien. Aber sie machen dick, vergiss das nicht.“
> 3.
> „Du kriegst die Brosche nicht“, sagte Gaby, „sie würde bei dir
> nur verloren* gehen.“
> „Verloren gehen*?“ fragte der Kakadu.
> „Ja, du bist immer so nachlässig mit fremden Eigentum.“
> 4.
> „Das ist aber teuer“, sagte der Kakadu und sah die
> Bäckereifachverkäuferin ergrimmt an.
> „Teuer? Wissen Sie, wieviel Mehl gerade kostet?“,
> erwiderte sie.
Gruß
Pumene
* https://www.duden.de/rechtschreibung/verloren_gehen