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Rechtschreibforum

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Re: Zeitform

Autor:Pumene
Datum: Mi, 13.12.2023, 11:12
Antwort auf: Re: Zeitform (Pumene)

"... mit den beiden Lungenflügen atmen"

Das Auto ist gestartet — Aktiv oder Passiv oder … ?

[…]

3. Ein kleiner Leser-Test

Bei labilen sein+Partizip II-Konstruktionen ist die Lage allerdings komplizierter. Der Leser (inkl. natürlich aller Leserinnen) möge sich fragen, wie er den Titelsatz grammatisch interpretieren würde: aktivisch (=(a)), passivisch (=(b)) oder neutral (weder-noch bzw. sowohl-als auch (=(c))?

(13) Das Auto ist gestartet.
(a) "Das Auto startet"
(b) "Das Auto ist gestartet worden"
(c) Nicht entscheidbar

Ein (nichtrepräsentativer) Test mit insgesamt 24 Muttersprachlern (allesamt Germanisten) hat zu folgendem Ergebnis geführt:

Beispielsatz ENDO EXO NEUTR ENDO/EXO-WERT

Das Auto ist gestartet 6(25%) 5(21%) 13(54%) 0,92

Wie man sieht, waren 6 Testpersonen (=25%) für die aktivische, 5 (= ca. 21%) für die passivische und 13 (= ca. 54%) für die neutrale Interpretation. Der EXO(aktiv)/ENDO(aktiv)-Wert (=0,92) ergibt sich, indem (a) die Beurteilungen der Unentschlossenen gerecht verteilt werden und (b) EXO durch ENDO geteilt wird. Je niedriger der Wert unterhalb von 1 ist, desto endoaktiver ist die Verstehenspräferenz (und umgekehrt).
Wie wollen wir nun mit dem Ergebnis grammatisch umgehen? Wollen wir sagen, dass ist gestartet für 25% der Deutschen Perfekt Aktiv, für 21% Präsens Zustandspassiv und für 54% beides gleichzeitig oder keines von beiden ist? Oder wollen wir lieber sagen: Es handelt sich um einen klassischen Fall der sog. Neutralisation, der Aufhebung einer systematischen Opposition, wir wir sie etwa aus der Phonologie kennen. […]
Ist es aber nicht so, dass eine Neutralisation höchstens nur von denjenigen unter den Testpersonen vollzogen wurde, die sich nicht entscheiden konnten? Doch 46% konnten sich ja entscheiden!
Es scheint, die Sprecher machen den Grammatikern nur Schwierigkeiten. Sie benehmen sich eigenwillig und unvorhersehbar. Sie sind halt Individuen mit menschlichem Antlitz, die sich um die Kohärenz von Grammatiktheorien ganz offensichtlich wenig Sorgen machen. Und was tun die Grammatiker? Wie gehen sie mit dem Problem um?
Die Antwort hängt von der theoretischen Grundeinstellung, wenn man so will, von dem Glaubensbekenntnis des jeweiligen Grammatikers ab.

https://www.uni-kassel.de/fb02/index.php?eID=dumpFile&t=f&f=1101&token=cb35bfd0721bf6152edaf5b1d90b7e90304a262a

 

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