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In vielen Erklärungen eines angeblichen Unterschieds zwischen der gleiche und derselbe wird die Rolle des bestimmten Artikels außer Acht gelassen; wie ich nun weiß, hat schon Harweg (1970) auf die Rolle hingewiesen. Wie soll bitte klar sein, um welchen gleichen Wagen es in «Fritz hat den gleichen Wagen wie Otto» geht? Eben indem es um einen Wagen geht, den auch Otto hat. Es liegt also nicht nur Gleichheit, sondern (absolute) Identität vor, und dass der gleiche auch bei zwei räumlich getrennten Dingen gebraucht wird, kann damit erklärt werden, dass eine andere Abstraktionsstufe vorliegt, zum Beispiel der gleiche/derselbe Wagen, weil dasselbe Modell vorliegt.

Harweg meinte sogar: «Aber das Adjektiv gleich duldet den bestimmten Artikel nicht nur, sondern fordert ihn sogar; […]. (Die bekannte Goethesche Gedichtüberschrift Ein gleiches ist kein Gegenbeispiel, da sie, zumindest für den heutigen Sprachgebrauch, nicht repräsentativ ist.)» Das kann ich so nicht unterschreiben, gleich kommt nach ein durchaus vor, doch damit scheint mir die Vergleichskonstruktion mit wie nicht so idiomatisch zu sein. Die Phrase ein gleicher Haushalt funktioniert gut nach bereits erfolgter Erwähnung eines Haushaltes, was dagegen einen gleichen Wagen wie Otto angeht, so ist zwar einen Wagen wie Otto möglich, aber den Bezug des Adjektivs gleich finde ich ungünstig, außerdem ist eine gleiche … wie früher (statt genau so eine … wie früher) ziemlich unüblich, statt gleich wie früher kann genau so wie früher gesagt werden.

Überhaupt: Wenn es mehrere gleiche Wagen gibt, funktioniert «der gleiche Wagen» nicht ohne Weiteres mit bestimmtem Artikel bei gleicher Bedeutung (Abstraktionsstufe) von Wagen und gleicher Bedeutung von gleich. Wird etwas, was sich verändern kann, ohne seine Identität zu verlieren, zu unterschiedlichen Zeitpunkten betrachtet, kann gleich gegenüber selb- sogar etwas hinzufügen («Er ist immer noch der Gleiche»).

In mathematischem Zusammenhang wird oft gleich gesagt, wo auch ist identisch mit stehen könnte («2 + 2» und «4» sind zwar unterschiedliche Terme, aber sie bezeichnen dieselbe Zahl), das geht leicht über die Lippen und entspricht Ausdrücken wie gleich viel oder gleich groß. Als Substantiv wird dagegen oft Identität (wie in eulersche Identität) gebraucht. In herkömmlichem mathematischem Kontext ist uns zwar kein Fall von Gleichheit, wie sie mit dem Gleichheitszeichen symbolisiert wird, ohne Identität geläufig, aber bei der Programmierung können mehrere Objekte mit dem gleichen Wert angelegt werden, außerdem gilt NaN als ungleich sich selbst. Aufgepasst: Da es mit Variablensymbolen nur dann gerechtfertigt ist, zu behaupten, dass Identität besteht, wenn die Aussageform allgemeingültig ist, scheint die Bedeutung von Identität in mathematischem Zusammenhang entstellt worden zu sein, so dass Dinge wie «Diese Gleichung ist eine Identität» (was bedeutet, dass sie für alle möglichen Werte gilt) oder identisch gleich (≡) gesagt werden können, ich habe sogar identisch größer als null vorgefunden. 🥴 Conway benutzte für richtige Identität (nicht dieser Blödsinn mit Allgemeingültigkeit) ebenfalls das Zeichen «≡», obwohl es in dieser Form (ohne Abhängigkeit von einer Variablen) eher nach einer Abschwächung von «=» anmutet («≡» wird in der Aussagenlogik für Äquivalenz gebraucht und kann auch zwischen zwei Termen für eine Äquivalenzrelation stehen).