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Re: Die deutsche Sprache in der Schweiz

Autor:Julian von Heyl
Datum: Fr, 11.07.2003, 14:32

Hallo,

und danke für Deinen interessanten Beitrag. Tatsächlich kannte ich das Wort "beiten" für warten nicht, obgleich mir einige Schweizer Idiome bekannt sind, da ich dort öfters meinen Urlaub verbringe und meine Mutter Schweizerin ist (ich selbst habe natürlich auch einen Schweizer Pass ;-)).

Ich persönlich finde es schöner, wenn regionale Aspekte einer Sprache gepflegt werden, als wenn alle regionalen Feinheiten einem "genormten" Hochdeutsch untergeordnet werden. Allerdings verlange ich vom Sprecher der "Tagesschau" schon, dass er sich in klarem Hochdeutsch ausdrückt, so dass er in allen Teilen Deutschlands und des deutschsprachigen Europas verständlich ist.

Kennst Du zum Beispiel "tampen"? Ein eher dörflicher, auch schon halb in Vergessenheit geratener Ausdruck in der Schweiz, den man vielleicht am besten mit "Maulaffen feilbieten" übersetzt. Also wenn die Dorfbewohner ewig auf der Straße oder am Gartenzaun stehen und miteinander quatschen.

Natürlich, Schweizerdeutsch ist genauso wie das Hochdeutsch aufs Germanische zurückzuführen, während das Rätoromanische - der Name sagt es ja schon - eher römische Einflüsse hat, was man beispielsweise dem netten Gruß "Allegra" anmerkt (wörtlich übersetzt: "Freu Dich!"). Ich finde es immer lustig, wenn hier abends zum Beispiel in den dritten Programmen Beiträge des Schweizer Fernsehens ausgestrahlt werden und das Schweizerdeutsch dann mit hochdeutschen Untertiteln versehen wird - was aber auch oft bei Reportagen gemacht wird, in denen die Interviewten einen starken Dialekt sprechen, beispielsweise Bayrisch.

Neben ureigenen Schweizer Ausdrücken ("Klunte" für "Pfütze" ist auch so ein Kandidat) gibt es dann ja auch noch grammatikalische Besonderheiten, etwa die Substitution von "es gibt" durch "es hat": "Es hat viele Berge in der Schweiz."

Und - die Schweizer haben eben auch eine ganz andere Art der Betonung, die hier eher lustig wirkt. Der Kabarettist Emil Steinberger ist hier ja auch nicht zuletzt wegen seines "drolligen" Dialekts so beliebt.

Übrigens ist ja sogar der Schweizer Gruß "Grüezi" deutsch beeinflusst: Im 17. und vor allem 18. Jahrhundert fand vorwiegend im Mittelland und in den grösseren Ortschaften eine Verschiebung von Gott behüte dich und Gott grüsse dich hin zu "Guete Tag" oder "Grüess di" statt. Zur Kürzung der Grussformel trug ausser der Säkularisierung und der Lockerung der Tradition auch die Änderung der Anrede bei. Das "Sie" kam gegen Ende des 18. Jh. aus Deutschland in die Schweiz. Aus dem "Grüez-Di" wurde das "Grüessi" oder aber das einfachere und bodenständigere "Grüez-i". Aber noch empfand man vielerorts das "Grüezi" als neu und die Formel galt, weil sie vor allem im Kanton Zürich benutzt wurde, als reformiert-protestantisch. Einige Katholiken fanden sogar, das sei kein rechter Gruss.

In diesem Sinne:
"Höfli si und gueti Wort ge, bricht keinem s’Mul."

Lieben Gruß, Julian

 

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Beiträge zu diesem Thema

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Margrit Kropf -- Fr, 11.7.2003, 09:26
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Julian von Heyl -- Fr, 11.7.2003, 14:32
Re: Die deutsche Sprache in der Schweiz
Harry -- Do, 17.4.2008, 10:43