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Schreibung "deutsches Volk"

Autor:Julian von Heyl
Datum: Sa, 16.12.2006, 17:58

> Es heißt auch "Dem Deutschen Volke" und nicht
> "Dem deutschen Volke". Lassen Sie sich da also bitte
> nicht beirren!

Was die berühmteste Inschrift dieses Wortlauts über dem Portal des Reichstagsgebäudes in Berlin angeht, lässt sich leider keine Aussage über die Schreibweise treffen, da es sich komplett um Versalien (Großbuchstaben) handelt. Die nicht uninteressante Geschichte dieser 1916 angebrachten Inschrift lässt sich übrigens hier nachlesen:
http://www.loevy.de

> Einst wurden auch Gerichtsurteile "Im Namen des Deutschen
> Volkes" gesprochen.

Ohne auf den (meiner Meinung nach bedenklichen) politischen Impetus Ihrer Aussagen einzugehen, sei hier die Sache rein orthografisch betrachtet. Man muss dann feststellen, dass die Großschreibung im Rahmen dieser Floskel nur von den Nazis gepflegt wurde, sich also auf einen recht begrenzten Zeitraum erstreckt. Darüber hinaus handelt es sich hier um einen feststehenden Ausdruck, der wenig Aufschluss darüber gibt, wie man "deutsches Volk" im Allgemeinen zu schreiben pflegte.

Die Rechtsprechung eröffnet die Urteilsverkündung mit der Formel: »Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil ...«. Da nach Artikel 20 II des Grundgesetzes die Rechtsprechung als Teil der Staatsgewalt beim Volk liegt, unterstützt diese Formel die Legitimation des urteilverkündenden Richters. Diese Formel war auch in der Rechtsprechung der Weimarer Republik üblich. In der Epoche der Monarchie verkündete man das Urteil im Namen des Landesherrn (Majestätsrecht), im 3. Reich »Im Namen des Deutschen Volkes«. Von 1945 bis 1950 hieß es dann »Im Namen des Rechts«.
[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Name. Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 4282
(vgl. Röhrich-LdspR Bd. 3, S. 1075) (c) Verlag Herder
http://www.digitale-bibliothek.de/band42.htm ]

Aber, man vergleiche etwa die Rechtschreibung in der Einleitung von Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, 1905—1909:

Wir dürfen von uns rühmen, daß wir das Beste gewollt und dem deutschen Volke nach bestem Wissen und Gewissen auch das Beste gegeben haben.
[Meyers Großes Konversations-Lexikon: DB Sonderband: Legendäre Lexika, S. 328607
(vgl. Meyer Bd. 1*, S. 8)]

Oder auch hier ein Buchtitel von 1933, "Deutsches Land und deutsches Volk" von Hans Ludwig Oeser:

Bei Bedarf kann ich gerne noch weitere historische Belege beibringen. Festzuhalten ist also, dass "deutsches Volk", von einer mit gutem Grund abgeschafften Gerichtsurteil-Einleitung der Nazis abgesehen, seit je kleingeschrieben wurde. Dass heute die Kleinschreibung korrekt ist, darüber braucht man sich nicht lange unterhalten, dazu reicht ein Blick in den aktuellen Duden.

Grüße
Julian

 

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Beiträge zu diesem Thema

Groß- und Kleinschreibung bei Ortsangaben
Awezed -- Fr, 15.12.2006, 12:07
Re: Groß- und Kleinschreibung bei Ortsangaben
Julian von Heyl -- Fr, 15.12.2006, 12:22
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Awezed -- Fr, 15.12.2006, 13:06
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Thiele K.-W. -- Fr, 15.12.2006, 20:26
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Michael -- Fr, 15.12.2006, 22:20
Re: Groß- und Kleinschreibung bei Ortsangaben
Thiele K.-W. -- Sa, 16.12.2006, 14:48
Schreibung "deutsches Volk"
Julian von Heyl -- Sa, 16.12.2006, 17:58
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Michael -- Sa, 16.12.2006, 19:23
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Thiele, K.-W. -- Sa, 16.12.2006, 20:43
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Julian von Heyl -- Sa, 16.12.2006, 22:17
Re: Groß- und Kleinschreibung bei Ortsangaben
Michael -- So, 17.12.2006, 15:44
das deutsche Volk
Julian von Heyl -- Sa, 16.12.2006, 09:50
Re: das deutsche Volk Link
Christian Stang -- So, 17.12.2006, 00:03
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Julian von Heyl -- So, 17.12.2006, 00:52
Re: Tag der Deutschen Einheit
Christian Stang -- So, 17.12.2006, 16:16