korrekturen.de | Korrektorat und Lektorat

> Erstens, Frau Krauschen, sind wir nicht per du.
In diesem Forum -- und nicht nur in diesem -- duzt jeder jeden. Man fällt aus dem Rahmen, wenn man siezt, und es wird vielleich sogar als unhöflich empfunden, weil es als ironisch distanzierend aufgefaßt wird. Aber Ihr Wunsch, gesiezt zu werden, ist selbstverständlich zu respektieren -- ich bitte um Entschuldigung.

> Zweitens ist es
> sehr nett von Ihnen, daß Sie mir erlauben, "gewinkt"
> zu verteidigen.
Hinter dieser Erlaubnis steckt insofern Ironie, als sie nicht einschließt, "gewinkt" als allein mögliche Form zu verteidigen, und erst recht nicht einschließt, "gewunken" für schlechtes Deutsch zu halten. Sie verteidigen anscheinend beides mit solcher Vehemenz, daß mir glatt die Idee kommt, man müßte mal folgendes Video neu synchronisieren -- "er hat 'gewunken' gesagt":
https://www.youtube.com/watch?v=SohMW2aa9IQ

> Drittens geht es doch um
> "Allgemeinplätze", weil "gewunken" nur
> stellvertretend für das allgemeine schlechte Deutsch steht, das
> allerorten zu hören und zu lesen ist.
Hier regt sich mein vehementer Widerspruch. Sie sind auf ein wesentliches Argument, das ich geäußert hatte, nicht eingegangen, nämlich daß zu unterscheiden ist zwischen eindeutigen grammatischen Fehlern (falsches Genus, falscher Numerus und vieles andere) und nur sprachhistorisch zu erklärenden Beugungsformen. Die Sprachhistorie sagt hier leider etwas anderes, denn schon im Grimm findet man:
sowohl im mhd. wie in nhd. schriftsprache ist schwache conjug. die regel, doch beginnt bereits mhd. der versuch, winken in die reihe der st. verben III. kl. zu überführen (wie mengl. winken, wank neben winkin, wincte Stratman-Bradley 686b, Skeat 713a); die mundarten zeigen überwiegend starke formen, vielfach neben den echten schwachen, so im part. prät. gewunken

> Viertens geht der
> Vergleich von "winken" mit "hängen" fehl,
> weil "hing" intransitiv und "hängte"
> transitiv gebraucht werden muß (was aber auch ständig falsch
> gemacht wird), während es bei "gewinkt" und
> "gewunken" diesen Unterschied nicht gibt.
Die Regel für Verben mit zwei Konjugationsformen, daß starke Beugung intransitiv ist, schwache transitiv, versagt leider bei saugen--sog--gesogen und gesaugt--saugte--gesaugt; ebenso bei bewegen--bewegte--bewegt und bewegen--bewog--bewogen, auch wenn letzteres Pärchen einen Bedeutungsunterschied hat.
Obendrein gibt es ein paar weitere Unregelmäßigkeiten:
"Triefen" kennt ein schwaches (triefte) und ein starkes (troff) Präteritum, aber nur ein schwaches Partizip (getrieft).
"Verwünschen" wird schwach gebeugt (verwünschte, verwünscht) kennt aber ein aus altem Partizip abgeleitetes Adjektiv "verwunschen"; bei "gespalten" ist es ähnlich, aber in manchen Regionen gilt "gespalten" nicht nur als Adjektiv wie in der gespaltenen Persönlichkeit, sondern ist als Partizip noch im Sprachgebrauch.
"Verderben" wird stark gebeugt, aber das Adjektiv "verderbt" ist schwaches Partizip, wenn auch mit anderer Bedeutung.
"Backen" kennt ein starkes, mittlerweile veralterndes Präteritum "buk" neben dem verbreiteterem "backte".
Bei "mahlen" ist das Präteritum "mahlte" schwach, das Partizip "gemahlen" stark (wie in winken, winkte, gewunken).

Wenn Sie mir nun erklären können, mit welcher nicht zu leugnenden Logik sich dies oder jenes durchgesetzt hat, werde ich stilleschweigen und nie wieder behaupten, "gewunken" sei korrekt.

> Lassen wir's gut sein. "Gewunken" ist als Bestandteil
> der hochdeutschen Schriftsprache offenbar nicht mehr
> auszurotten.
Wenn Sie mir nun erklären können, warum man es ausrotten sollte, werde ich erst recht stilleschweigen.