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Re: des Molars / des Molaren

Autor:Jesse
Datum: Fr, 18.11.2016, 00:54
Antwort auf: Re: des Molars / des Molaren (Flexionstabelle)

> Vielen Dank für deine Mühe. In meinem Metier und auch in manch
> anderem gehört es übrigens nicht gerade zu den geschätzten
> Fähigkeiten, bereits in fünf Minuten fertig zu sein.

Es sollte auch nicht auf die Güte der Arbeit, sondern einerseits auf die leichte Auffindbarkeit und andererseits gerade auf die mangelnde Güte hinweisen, auf die ich gleich noch eingehen werde.

> Dass "Radare (mit anderer Bedeutung)" bereits im 19.
> Jahrhundert belegt ist, erstaunt mich sehr. Ich konnte jedoch
> keine entsprechenden Stellen finden. Kannst du mir bitte ein
> paar Fundstellen nennen? Welche "andere" Bedeutung
> hatte es denn?

Es bezeichnete wohl in der Fachsprache einen bestimmten Teil eines Rades, welchen genau konnte ich den Quellen an diesen Stellen nicht zweifelsfrei entnehmen. Was aber nach genauer Ansicht der Quellen deutlich macht, dass dieses Beispiel hier falsch ist. Es handelt sich offensichtlich um ein Kompositum (Rad-Are) und ist somit für unser Thema völlig uninteressant.

Sollte es dich dennoch interessieren ein paar Fundstellen:
Christian Heinrich Schmidt: Ueber die Anlegung und Ausführung aller Arten von Eisenbahnen, 1835, S. 121
Carl Hartman: Encyklopädisches Handbuch des Maschinen- und Fabrikenwesens, 1838, S. 36

> Über deine Aussage, dass sogar Honorar schwach gebeugt
> wurde, war ich ebenfalls sehr erstaunt. Kannst du mir, da ich
> bis jetzt auch hier nicht fündig geworden bin, bitte auch dafür
> ein paar Fundstellen nennen? Ich wäre dir wirklich sehr dankbar.

Da muss ich korrigieren. Es sind viele Fundstellen, allerdings habe ich, jetzt nachdem ich alle überprüft habe, festgestellt, dass allesamt Fehler von Google Books sind und in allen von Honoraten nicht von Honoraren die Rede ist.

Ich habe in der Folge noch meine anderen Beispiele überprüft. Beim Seminar finden sich zwar neben Texterkennungsfehlern tatsächliche Fundstellen, die allerdings dann dafür Seminar nicht in der gleichen Bedeutung des Seminars gebrauchen. Von daher würde ich Seminar neben Honorar und Radar von der Liste streichen. Die Übrigen, also die Berufsbezeichnungen, bestätigten sich aber. Einige exemplarische Fundstellen:

Andernfalls, d.h., wenn der Jurist mit dem Philologen Brüderschaft trinkt, und der Historiker zum Gevatter des Antiquaren herabsinkt, wird die Geschichte, oder vielmehr das Buchstabenstudium, das sich für Geschichte ausgibt, zur Stütze des schlimmsten Partikularismus;
– Heinrich Bernhard Oppenheim: Die Theorieen über Besitz und Eigenthum; in: Zeitschrift für volksthümliches Recht und nationale Gesetzgebung; Hrsg: Gustav Eberth; 1844, S. 250

Nach der Meinung des Antiquaren Arendt hat dieses ehemalige Dorf seinen Namen von dem Worte Gora (Göra) erhalten, welches in der slavischen Sprache „Berg“ bezeichnet.
– Johannes von Schröder: Topographie des Herzogthums Holstein, des Fürstenthums Lübek und der freien und Hanse-Städte Hamburg und Lübek.; 1841; S. 222

auch machte Papst Sergius I. (687 bis 700) nach Zeugnisse des Bibliothekaren Anastasius schon eine Verordnung, wie diese Feier zu begehen sei; nämlich als Hauptfest mit einer Procession und Vigilie.
– Joseph Marzohl und Joseph Schneller: Liturgia sacra, oder die Gebräuche und Alterthümer der katholischen Kirche; 1841; S. 664; weitere Fundstelle S. 765

Die Alten verbrannten das Pferd mit der Leiche seines Herrn, und die Araber verzeichnen den Stammbaum desselben mit der Sorgfalt des Archivaren eines adeligen Hauses;
– Karl Julius Weber: Menschliche Liebhabereien; 1842; S. 208

Möglicherweise findet sich der schwach gebeugte Antiquar auch bei Thomas Mann. Google liefert jedenfalls einen Treffer in den Bekenntnissen des Hochstaplers Felix Krull, den ich mangels Text nicht nachprüfen kann. Er findet sich jedenfalls in einer Dissertation über Thomas Mann aus dem Jahr 2005. Interessanterweise finden sich auch Fundstellen für den schwach gebeugten Archivaren in der heutigen Zeit:

"Die persönlichen Anmerkungen des Archivaren (...) waren eine wahre Fundgrube für jeden Interessierten" (Haas, 2011)
"unter Leitung des Archivaren und früheren Offiziers Herrmann G. Steinberg" (Meyer, 2010)
"für den noch fehlenden Teil der Annalen des Archivaren P. Columban von Sonnenberg" (Delgado/Ries, 2010)
"Das Bellen und Jaulen der Hunde drang augenblicklich in den Raum des Archivaren." (Kaberska, 2011)

> Diese Stelle habe ich gefunden. Von Humboldt beugt
> Missionar übrigens sonst auch immer stark, auch in diesem
> Tagebuch, ja sogar nur vier Sätze vor der von dir zitierten
> Stelle schreibt er: "ohne die Gegenwart eines
> Missionars". Was meinst du: Könnte die nur wenig später
> benutzte abweichende Beugung in "den Besuch des
> Missionaren" eventuell ein Versuch sein, darauf aufmerksam
> zu machen, dass hier nicht der Genitivus subjectivus wie in
> "Gegenwart eines Missionars", sondern der Genitivus
> objectivus gemeint ist?

Das ist möglich. Allerdings kann ich da auch nur spekulieren. In meinen oben zitierten Beispielen lässt sich eine solche Unterscheidung nicht feststellen.

> Das ist wohl möglich. Aber ist Molar (inklusive diverser
> Ableitungen) tatsächlich das einzige lateinische Fremdwort, dass
> diese abweichende Beugung noch heute zeigt? Findet sich kein
> weiteres Wort, auch nicht bei den Medizinern?

Mir fiel ansonsten nur noch der Husar ein, der aber nicht lateinischen Ursprungs ist und der Barbar, der wohl lateinischen Ursprungs ist. Allerdings glaube ich nicht, dass der Barbar in seinem lateinischen Ursprung mit dem Bibliothekar sprachlich vergleichbar ist. (Ich weiß es aber nicht, nachdem ich kein Latein kann.) Aber der Barbar hat mich zu einer weiteren Theorie zum Molar gebracht. Den Barbaren habe ich in Grimms Wörterbuch nachgeschlagen. Dort wird über die Veränderung des Plurars und der Aussprache berichtet, weg von die bárbern, hin zu die bárbàren:

man schrieb und sprach auch um 1700 im pl. bárbern. Allmälich aber drang die französische aussprache barbare wie Tartare durch: bárbàr, barbár, Tártàr, Tartár, pl. barbaren, Tartaren:

Möglicherweise ist dem Molar das gleiche passiert wie dem Barbar, ein Einfluss aus dem Französischen über ein ähnliches Wort. Es gibt im Deutschen auch das Adjektiv molar, das über mol aus dem Französischen (molécule) in die deutsche Sprache kam. Mediziner haben auch mit molar als Adjektiv zu tun. Wenn ich dann öfter etwa von der molaren Konzentration im Blut lese, wäre eine Übertragung auf den nicht unmittelbar verwandten Molar(en) denkbar.

 

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Beiträge zu diesem Thema

des Molars / des Molaren
Simon -- Mi, 16.11.2016, 11:09
Re: des Molars / des Molaren
Jesse -- Mi, 16.11.2016, 21:33
Re: des Molars / des Molaren
Flexionstabelle -- Do, 17.11.2016, 00:44
Re: des Molars / des Molaren
Jesse -- Do, 17.11.2016, 01:55
Re: des Molars / des Molaren
Flexionstabelle -- Do, 17.11.2016, 14:39
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Simon -- Do, 17.11.2016, 17:27
Re: des Molars / des Molaren
Konifere -- Fr, 18.11.2016, 00:08
Re: des Molars / des Molaren
Jesse -- Fr, 18.11.2016, 00:54
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Flexionstabelle -- Fr, 18.11.2016, 11:21
Re: des Molars / des Molaren
Julian von Heyl -- Fr, 18.11.2016, 18:01
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Flexionstabelle -- Fr, 18.11.2016, 18:24
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Flexionstabelle -- Fr, 18.11.2016, 18:35
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Jesse -- Fr, 18.11.2016, 19:41
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Flexionstabelle -- Fr, 18.11.2016, 00:27
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Jesse -- Fr, 18.11.2016, 00:35
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Flexionstabelle -- Fr, 18.11.2016, 00:38