korrekturen.de | Korrektorat und Lektorat

> Die haben auf entsprechend andere Art Lesen gelernt. Ich greife
> mal wahllos eine Passage aus SPIEGEL ONLINE heraus:

>

Dazu muss ein dringender Tatverdacht sowie ein Haftgrund
> vorliegen. In Deutschland sind Flucht, Fluchtgefahr,
> Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr Haftgründe.

> Dazu muss ein dringender Tat-Verdacht sowie ein Haft-Grund
> vorliegen. In Deutschland sind Flucht, Flucht-Gefahr,
> Verdunkelungs-Gefahr oder Wiederholungs-Gefahr
> Haft-Gründe.

> Meiner Meinung nach ist Variante 1 (original) leichter zu lesen
> als die von mir bearbeitete Variante 2.

> Gruß
> Julian

Dass wir bei solchen Beispielen völlig einer Meinung sind, war doch eigentlich schon klar oder? Wenn geläufige Komposita überschaubarer Länge plötzlich mit Bindestrich geschrieben werden, wird der Leser natürlich auch irrtiert und fragt sich: Was will mir der Autor damit sagen, wenn er so von meinen Lesegewohnheiten abweicht? Und das gibt es ja auch: dass man Komposita mit einer bestimmten Absicht trennt. Etwa wenn der Pfarrer in der Predigt sagt: "Die Krise des Elia war not-wendig." Das steht auch in keinem Duden, aber der Pfarrer hat sich etwas dabei gedacht. (Ich weiß, es handelt sich hier um ein Adjektiv, doch ich denke, du verstehst, was ich sagen will; heute habe ich von "Not-Helfern" gelesen, und der Autor bestand auf dieser Schreibweise, obwohl ich im Gespräch nicht herausgefunden habe, was diese wirklich von "Nothelfern" unterscheidet.)

Aber darum geht es mir überhaupt nicht. Ich rede von überlangen und ungeläufigen Komposita, die der Leser meiner Meinung nach eben nicht leicht auf einen Blick erfassen kann. Schreibt man hier mit Bindestrich, dann muss er m. E. eben nicht die beiden Teile erst wieder mühsam zusammensetzen; viel mehr Mühe macht es ihm bei Zusammenschreibung, die beiden Teile überhaupt erst als solche zu identifzieren. "Haftgrund" und "Tatverdacht" sind dafür keine geeigneten Beispiele.

Gruß,
Andreas