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Re: Parallelflexion

Autor:Pumene
Datum: Sa, 01.07.2023, 20:49
Antwort auf: Re: Parallelflexion (Gernot Back)

https://bastiansick.de/kolumnen/fragen-an-den-zwiebelfisch/nach-gutem-alten-brauch-oder-nach-gutem-altem-brauch/

Zitat

Der Wahrig vermerkt zu ebendieser Frage im Band 4 („Grammatik der deutschen Sprache“) auch 2002 noch trotzig:

Grundsätzlich gilt die Regel, dass Doppelkennzeichnung der starken Deklination als hyperkorrekt empfunden und daher vermieden wird.

Hyperkorrekt oder normal korrekt, Wahrig oder Duden – da stehen wir nun mit zwei sich widersprechenden Aussagen und sind so klug als wie zuvor. Ich empfehle Ihnen daher: Wenn es sich um eine Aufzählung handelt, beugen Sie zweimal stark, denn das war offenbar immer schon richtig:

– bei schönem, warmem Wetter
– nach langem, schwerem Leiden

Handelt es sich um eine Spezifizierung, bleibt es Ihrem Gefühl überlassen, ob Sie es auf die klassische Art mit Thomas Mann halten und das zweite Glied schwach beugen oder ob Sie mit der Reformmode gehen und auch hier beide Adjektive gleich stark beugen.

– mit anschließendem gemeinsamem Abendessen (modern-hyperkorrekt) oder
– mit anschließendem gemeinsamen Abendessen (klassisch normal-korrekt)

Lehrer und Lektoren sind allerdings dazu angehalten, sich nach dem Standard zu richten, und der sieht in allen Fällen mit anschließendem gemeinsamem Abendessen gleichmäßige starke Beugung vor.

Dass es überhaupt dazu kam, das zweite Glied schwach zu beugen, liegt an der Ähnlichkeit zu jenen Phrasen, bei denen das erste Glied ein Artikel oder ein Pronomen ist. Stehen diese im Dativ, wird das folgende Adjektiv stets schwach gebeugt:

– in einem kühlen Grunde (nicht: in einem kühlem Grunde)
– unter einem blühenden Baum (nicht: unter einem blühendem Baum)
– mit deinem neuen Auto (nicht: mit deinem neuem Auto)
– neben meinem besten Freund (nicht: neben meinem bestem Freund)

Hier galt praktisch schon immer, dass ein starkes „m“ genügt.

Zitatende

https://blog.leo.org/2010/04/19/bei-gutem-schonem-heiterem-wetter-dreimal-em/

Zitat

Anders sieht es aus, wenn das zweite Adjektiv als Substantiv verwendet wird. Dann überwiegen in der Standardsprache die Formen mit em/en. Die parallele Beugung em/em gilt hier als veraltet:

Betrieb verbietet ehemaligem Angestellten den Zugang
veraltet: Betrieb verbietet ehemaligem Angestelltem den Zugang
Gespräch mit Europas jüngstem Abgeordneten
veraltet: Gespräch mit Europas jüngstem Abgeordnetem
Das Gleiche gilt für die Dativendung er bei weiblichen substantivierten Adjektiven:

Betrieb verbietet ehemaliger Angestellten den Zugang
veraltet: Betrieb verbietet ehemaliger Angestellter den Zugang
Gespräch mit Europas jüngster Abgeordneten
veraltet: Gespräch mit Europas jüngster Abgeordneter

Zitatende

Bezüglich Kommasetzung muss ich meine obige Antwort (Variante 1 sei falsch) von 00:20 Uhr korrigieren. Der Duden erlaubt Kommasetzung:

https://www.korrekturen.de/forum.pl/md/read/id/58833/sbj/nach-langem-schwerem-n-leiden/

Zitat

Ja. Wie bei jeder neuen Auflage von Band 9 gibt es auch diesmal wieder Änderungen in diesem Artikel. Tendenz wie immer: Macht doch, was ihr wollt. Es sind jetzt alle vier Varianten "erlaubt":
Die meisten Schwankungen treten im Dativ Singular des Maskulinums und Neutrums auf, wo die starke Form auf -m und die schwache auf -n endet. Als Grundregel gilt hier: Bildet das zweite Adjektiv mit dem Substantiv eine Bedeutungseinheit, die als Ganzes vom ersten Adjektiv modifiziert wird, dann tritt Wechselflexion ein. Das ist vor allem dann der Fall, wenn das zweite Adjektiv eine Zugehörigkeit im weiteren Sinn bezeichnet (nach heftigem parlamentarischen Streit; mit hellem elektrischen Licht). Sind beide Adjektive dem Substantiv gegenüber nebengeordnet, tritt in der Regel Parallelflexion ein (nach langem heftigem Streit, mit hellem hartem Licht). Farbadjektive werden in solchen Konstruktionen fast immer schwach flektiert (mit hellem weißen Licht). Selbstverständlich kann der Schreiber das Mittel der Parallel- und der Wechselflexion bewusst einsetzen, um Neben- bzw. Unterordnung der Adjektive zu signalisieren. Eine normative Regelung ist deshalb ausgeschlossen. Ein Komma zwischen den Adjektiven kann sowohl bei Parallel- wie auch bei Wechselflexion gesetzt werden (nach langem, heftigem Streit; nach langem, heftigen Streit).
© Duden - Richtiges und gutes Deutsch, 7. Aufl. Mannheim 2011 [CD-ROM]

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m/n oder m/m
E.L. -- Do, 29.6.2023, 13:59
Parallelflexion
Volltoll -- Do, 29.6.2023, 14:56
Re: Parallelflexion
E.L. -- Do, 29.6.2023, 16:25
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Gernot Back -- Do, 29.6.2023, 22:52
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Pumene -- Fr, 30.6.2023, 00:54
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Gernot Back -- Sa, 1.7.2023, 11:22
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volltoll -- Sa, 1.7.2023, 19:24
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Gernot Back -- Sa, 1.7.2023, 19:38
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Pumene -- Sa, 1.7.2023, 20:49