korrekturen.de | Korrektorat und Lektorat

> Olsen, du hast es erfasst, das hätte ich dir gar nicht
> zugetraut: Die Sprache ist etwas basisdemokratisches …

Nicht doch. Weder dient die Sprache per se demokratischen Zwecken, noch ist Demokratie gleichzusetzen mit dem Diktat lallender Massen. Demokratie bedeutet Mehrheitsfindung durch intellektuellen Diskurs. Da ist die Sprache idealerweise Vehikel redlicher Argumente und komplexer, sachlicher Information. Wird sie als plumpe Keule benutzt, leidet die Demokratie.

> … und die Sprache der Zukunft wirst du nicht in germanistischen
> Lehrbüchern finden, sondern in Foren und Blogs.

Ein düstere Prognose, wenn es bedeuten soll, daß diese Sprache die Schulbildung bestimmen werde. Du könntest aber recht haben: die Zahl der Lehrkräfte, die Kniffliges in klare Sätze fassen können, nimmt seit langem ab. Wie ich vor einiger Zeit schon einmal angedeutet habe, könnte das fortschreitende Sinken des Niveaus am Ende dazu führen, daß sich Eliten umso müheloser und selbstverständlicher abheben. Weshalb ich Ramonas Ruf nach allgemeiner Beschränktheit für dämlicher halte, als ich sagen kann. Was Francis Bacon vor vier Jahrhunderten zur Aufklärung beitrug, war nicht die Überzeugung "Dummheit ist Macht".

> Ist es frech, dir hier Jandl vorzuhalten? "schtzngrm"
> ist das beste Gedicht über den Krieg, das ich kenne, und es wird
> allen intellektuellen und künstlerischen Anforderungen gerecht.

Zunächst: ich mag "schtzngrm" als gekonnte Parodie auf sprachliches Säbelgerassel (soviel zum künstlerischen Anspruch), ich würde aber nie sagen, daß es ein gutes Gedicht über den Krieg ist. Als solches wäre es oberflächlich, harmlos und vor allem blutlos, und das ist der Krieg nun mal nicht. Ob es alle intellektuellen Anforderungen erfüllt, weiß ich nicht, ich kann nur sagen: meine erfüllt es. Und jetzt stellst Du Dir bitte vor, welches Interesse Du bei Ramonas "basisdemokratischem" Sprachpublikum mit einem Ernst-Jandl-Abend wecken könntest. Dein Auftritt, Klaus!

Grüße, Olsen