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Re: Fehlerbeliebtheit

Autor:Markus
Datum: Mo, 12.03.2007, 13:12
Antwort auf: Re: Fehlerbeliebtheit (Julian von Heyl)

Hallo Julian,

das in Deiner Antwort angeführte Beispiel aus dem Deutschen Universalwörterbuch ist gut nachvollziehbar, da sich Ausreden nach gewisser Häufigkeit bewähren und sich dadurch zumindest bei Schwindlern der Beliebtheit erfreuen können.

Wenn der Dudenverlag meint, eine Bedeutung von "beliebt" sei "häufig angewandt", so meint er damit aber noch lange nicht, eine Bedeutung von "häufig angewandt" sei "beliebt". Nämlich wäre dies das Prinzip des falschen Umkehrschlusses, dessen Anwendung erfahrungsgemäß meist gedankliche Sackgassen entstehen lässt.

Es gibt Wortbedeutungen, die nur in eine Richtung sinnvoll gedacht werden können, ähnlich wie bei nicht-strikten Synonymenpaaren. Ein Landwirt wird Polizisten vielleicht manchmal "Bullen" nennen, doch männliche Rinder wohl kaum als "Polizisten" bezeichnen. So ist, um das Prinzip des falschen Umkehrschlusses zu umgehen, etwa ein Irrtum, dem viele Menschen unterliegen, weder groß noch beliebt, sondern weitverbreitet.

Meine Kritik hat im Kern zualledem wenig mit der Verwendungslegitimierung durch ein Regelwerk wie den Duden zu tun, vielmehr mit sinnvollem Sprachgebrauch, mit möglichst zweifelsfreier und präziser Gedankenartikulation oder der Bemühung darum. Täglich entdeckt man in den Zeitungen genug Fehler, die, nur nach Regelwerken beurteilt, keine mehr sein wollen aber immer wieder unscharfes Denken verraten oder nicht selten ein Nachdenken für den Leser sogar verhindern.

Was Deine von Dir angesprochene Sicherheit bezüglich der Verständlichkeit betrifft, so zitiere ich gern einen gedachten Döner-Imbiss-Angestellten mit seinem Fragekonstrukt-Klassiker "Salat alles?". Beachtlich kurz ist er, dieser Klassiker, und im Handlungszusammenhang erstaunlich verständlich. Doch selbst er hat noch einen mächtigeren Kontrahenten: den einsilbigen Ein-Wort-Aussagekonstrukt-Klassiker "Durst!", dem in seiner Kürze und diesmal sogar kontextunabhängiger Verständlichkeit niemand so schnell und treppenwitzig das Wasser reichen kann. Ob Kürze oder Verständlichkeit: die Meisterschaft in diesen beiden Disziplinen rechtfertigt noch lange kein Gutes-Deutsch-Siegel und führt folgerichtig keinesfalls zum Verhängen eines Verbesserungsverbots.

Wenn, wie Du schriebst, der Ausdruck "Beliebte Fehler" ironische Funktion haben soll, kann man sie dem Leser durch das Setzen des Wortes "Beliebte" in Anführungszeichen ganz einfach zu erkennen geben - um die eigene ironische Miene sprachlich zu modellieren, vielleicht auch, um nicht des unpräzisen Denkens bezichtigt werden zu können, vor allem aber, um den Leser die Ironie spüren zu lassen!

"Nichts für ungut" und einen besten Gruß an Dich.

Markus

 

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Markus -- Sa, 10.3.2007, 07:46
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Julian von Heyl -- So, 11.3.2007, 12:10
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Re: Fehlerbeliebtheit
Julian von Heyl -- Mi, 14.3.2007, 19:58