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Kurz erklärt

Ein klein bisschen? Ein Mü? Ein My!

Für »ein bisschen« wird umgangssprachlich häufig die Wendung »ein My« gebraucht, mit der man in besonderer Weise die Winzigkeit der Menge oder Distanz betont: »Die Suppe könnte noch ein My mehr Salz vertragen!« – »Kannst du den Fernseher ein My lauter machen?« – »Pass doch auf! Ein My weiter rechts, und es hätte gekracht!« Doch woher kommt der Ausdruck eigentlich?

Das My bezeichnet das µ, den zwölften Buchstaben im griechischen Alphabet. Gleichzeitig dient µ als Mikrozeichen und findet insbesondere als Vorzeichen vor Maßeinheiten in der Bedeutung »ein Millionstel« Verwendung: 1 µg sind beispielsweise 1 Mikrogramm oder 0,001 Milligramm oder 0,000001 Gramm. Allein stehend bezeichnete das Zeichen µ früher ein Mikron, was einem millionstel Meter entspricht. Heute ist dafür die Bezeichnung Mikrometer und die Schreibweise 1 µm üblich, doch geblieben ist der Usus, mit µ eine winzig kleine Menge oder Distanz zu bezeichnen.

Doch wie schreibt man es? Der griechische Buchstabe wird My oder µ geschrieben, was beides »Mü« ausgesprochen wird. Bei der Verschriftlichung der umgangssprachlichen Wendung kann man diesen Schreibweisen folgen, wobei man das Zeichen µ auf der deutschen Tastatur mit AltGr + M) erzeugt. Allerdings wirkt die wissenschaftliche Schreibung in Verbindung mit der landschaftlichen Wendung nicht immer passend. Und da nicht jedem der Ursprung des Wortes bekannt ist, provoziert man mit »ein My« mitunter die falsche Lesart engl. my (»mai«).

Wir empfehlen dennoch, die angestammte Form My zu verwenden. Die vereinfachte Schreibweise »Mü« entspricht zwar eher der Aussprache, ist aber nach Duden falsch und verschleiert auch die Herkunft des Wortes.

Julian von Heyl am 07.03.15 | Kommentare (8) | Visits: 6081

Rubrik Kurz erklärt:

Die deutsche Sprache ist gespickt mit Fallstricken. Hier gehen wir auf ausgewählte Problemfälle ein und liefern kurze Erklärungen und Definitionen zu Schreibweise, Grammatik und praktischer Anwendung.

Kommentare

1  Thomas

Das My habe ich noch nie als [mai] gehört. Einen falschen Mükrometer mit "ü" jedoch schon öfters. Dieser Fehler ist auch ganz interessant.
Thomas

Geschrieben von Thomas am 19.03.15 23:48

2  Theiss

Ich zweifle an dieser Erklärung, denn den Ausdruck "ein Müh" im Sinne von "ein wenig" haben schon meine Urgroßeltern verwendet und die kannten den griechischen Buchstaben und seine Bedeutung mit Sicherheit nicht.

Geschrieben von Theiss am 16.04.15 11:14

3  Françoise

Die lieben Urgroßeltern waren vielleicht gebildeter als Sie annehmen. Es war Alltagssprache, die nicht in Schrift festgehalten wurde. Da hat sich keiner damit näher beschäftigt,der kein Gelehrter war. Hauptsache, das "Modewort" erzielt seinen Verständigungszweck. Das Phänomen gilt heute noch.
Der Dorflehrer hätte es damals erklären können,(der heutige meistens nicht mehr), aber wer merkt sich sowas... allenfalls all diejenigen, die damals durch die Oberschule gejagt worden sind und nach der obligatorischen Altsprache Latein auch endlich Altgriechisch genießen durften.

Geschrieben von Françoise am 03.11.15 17:23

4  Matze

Hallo
Schön erklärt, Julian. Ein "Mü" ist Umgangssprache und diese hat selten etwas mit Wissen zu tun. Sie dient oft nur der Vereinfachung oder Verkürzung, folgt aber auch mal nur einer modischen Ströhmung.
Deine (eure) Empfehlung, "My" statt "Mü" zu schreiben, halte ich für wenig schlüssig und "nach Duden falsch" für ausgeprägt arrogant. Der Duden ist und bleibt die Referenz, daran wird sich so schnell nichts ändern.
Menschen, die das Wort "Mü" noch gebrauchen, würden keine Verbindung zwischen unserem modernen Y und dem Griechischen µ herstellen, mit der Ausnahme, daß sie mal Griechisch gelernt haben; sie würden es auch nicht mit Y aufschreiben. Wenn der ältere Techniker noch von einem "Mü" (also einem Millionstel) spricht, hat er auch kein Y im Kopf, sondern den µm (Mikrometer) den er von seiner Zeichnung kennt. Wenn dann aber der alte Techniker vom "Mükrometer" oder dem "Mükrogramm" zu schwafeln beginnt, muß ich ihn leider auch darauf ansprechen, denn es gibt im deutschen kein "Mükro" kein "Mykro" und auch kein "Mµkro". Nacher kommt dann noch ein älterer Laborant mit seinem "Mükroskop" daher.
Ich persönlich bin der Meinung, der Duden hat es korrekt auf den Punkt gebracht, nämlich deutsch, und ihr liegt in dem Fall falsch.

Daß mit ß ist übrigens meine ureigene Sturheit und soll nur zum Ausdruck bringen, daß ich noch zu einer Zeit zur Schule gegangen bin, als Prüfungsnoten noch nicht dem Klassen-, Schul- oder Landesdurchschnitt angepasst wurden, um die Zahl der Leute ohne Abschluß zu minimieren.

Eure Seite ist zu 99,9% super, beste Grüße.

Geschrieben von Matze am 27.02.21 03:18

5  Julian von Heyl

@Matze
Vielleicht liegt da ein Missverständnis vor: Mit »nach Duden falsch« ist nicht gemeint, dass wir eine Duden-Schreibweise für falsch halten, sondern dass der Duden eine Schreibweise für falsch hält. Im Duden findet sich nämlich ausschließlich »My« und nicht »Mü«. Aber danke fürs Lob!

Geschrieben von Julian von Heyl am 27.02.21 04:04

6  Rubin Stornkernel

Beim Hinweis, "(»ein µ« – das Zeichen erzeugt man auf der deutschen Tastatur mit AltGr + M)", fehlt die wichtige Information, zu welchem Betriebssystem die Tastenkombination passt.
Ist es Linux, Windows, macOS, iOS, Android oder eines der anderen aktuellen Systeme?

Geschrieben von Rubin Stornkernel am 15.04.21 13:53

7  Kasselt

Hallo, dann kann man ja auch noch ein Mal so eine ewige Diskussion anzetteln um das kleinste bekannte M... Und da bleibt noch- alles Quark, das kommt dann von " Quarks"...SG

Geschrieben von Kasselt am 22.08.21 12:28

8  Muriel

Nannte mich im Gymnasium und später auch ‚Mü‘. Aufgrund des damaligen Physikunterrichts.
Meine heutige Frage ist, ob sich mit Euren Ressourcen ein ‚Think Tank“ erstellen lassen könnte. Dieser würde auf Mikro - Ebene Probleme unserer Gesellschaft angehen unter Einbezug aller systemrelevanter Systeme, zB iS von N.Luhmann.

Geschrieben von Muriel am 05.12.23 16:18

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