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Liebe foristen, ich belästige euch nur ungern mit reformgezänk; ich möchte nur nicht die von Karla Krauschen aufgewärmten vorwürfe unkommentiert stehen lassen. Meinetwegen kann Julian auch den ganzen off-topic-strang löschen.

1995 las man von Drosdowski im «Spiegel»: «Diese Reform ist kein großer Wurf aus einem Guß, sondern es ist eine kleine Reform der Vernunft, wie ich gern sage. Es gab zu viele widerstreitende Meinungen und Interessen, deshalb müssen wir mit diesem Kompromiß zufrieden sein. Mehr war nicht möglich. Keiner der an dieser Reform Beteiligten ist mit allem einverstanden, jeder hätte gern irgend etwas anders gemacht.»

Wie kommt er nur ein gutes jahr später zu einem so aggressiven rundumschlag? «Immer» überstimmt zu werden, ist natürlich unangenehm, aber unter leuten, die alle schon, wie man so sagt, die schere im kopf hatten, nicht sehr glaubwürdig. «Mafia» bezieht sich wohl auf die tatsache, dass reformvorschläge oft von reformbefürwortern und nur selten von reformgegnern kommen. Ob die reformer oder die gegner «keine Ahnung» haben, darüber kann sich jedermann anhand der publikationen beider seiten ein bild machen. (Drosdowski hatte gewiss eine ahnung, aber bekannt wurde er vor allem dadurch, dass er sich selbst widersprach.)

Unklar ist, ob die reformer nun «hinter verschlossenen Türen» agierten (Enzensberger, Deterding) oder – was das genaue gegenteil ist – darauf aus waren, «sich Ansehen im Fach und in der Öffentlichkeit zu verschaffen, Eitelkeiten zu befriedigen und mit orthographischen Publikationen Geld zu verdienen». Es waren wohl nicht solch verwerfliche motivationen, die Drosdowski bewogen, etwas so lang mit zu tragen, was er so verachtete. Aber was dann? «Anweisungen der Kultusministerien und die Verlagsräson.» Letzteres ist natürlich etwas ganz anderes, und ersteres (dass private verlage ministerielle anweisungen entgegennehmen) ist etwas rätselhaft. Da bleiben auch für Ickler-anhänger offene fragen: «Wieso schrieb Günther Drosdowski nur einen resignierten Brief an einen Gleichgesinnten? Hätte er nicht die Autorität gehabt, die Reform mit ein paar Mitstreitern rechtzeitig zu beenden, mit einigen Pressekonferenzen oder auch nur mit der Drohung: ‹Wenn ihr mit diesem Quatsch nicht aufhört, bringe ich demnächst alles an die Öffentlichkeit, was hier abgelaufen ist!›?» (W. Wrase, 19. 12. 2000.)

Auch mich persönlich hat Drosdowskis «ausweinen» (A. Schmidt) befremdet. Ich war dabei, als er 1991 in Zürich dem internationalen reformgremium den einheitsduden präsentierte. Wenn er die anwesenden wirklich so verachtet hätte, wäre er ja nur gekommen, um im auftrag des verlags ansehen und geld zu vermehren. Diesen eindruck hatte ich aber überhaupt nicht, weder im formellen noch im informellen umgang. Aber alter schützt vor torheit nicht. Marcel Reich-Ranicki meinte denn auch: «Man sollte zur Rechtschreibung niemanden befragen, der über 60 ist. Die Alten wollen ja nicht mehr lernen.» Oder wie Bernard Shaw (übrigens ein rechtschreibreformer) schon sagte: «Alte männer sind gefährlich, denn ihnen ist die zukunft egal.»

Geschrieben gemäss http://www.kleinschreibung.ch
Rolf Landolt
http://www.rechtschreibreform.ch