korrekturen.de | Korrektorat und Lektorat

> Überzeugende Gegenargumente vermag ich nicht zu sehen
> Genauso geht es mir bei deinen »Argumenten«!

> Es wäre schon schön gesewsen, die Argumente zu lesen und das
> Thema zu diskutieren,
> anstatt irgendwelches materiell umgesetztes Gewürfel zu bemühen
> und mit keinem Wort auf die Argumente einzugehen.

Wenn ich dich richtig verstehe, störst du dich daran, dass der Baum in »einen Baum fällen« ein affiziertes Objekt ist, während das Urteil in »ein Urteil fällen« ein effiziertes ist. Als Faktitiv gehört, was seinen Tiefenkasus angeht, »fällen« jedoch auch zu den kausativen Verben, und als solches leitet es sich vom Grundverb »fallen« ab. Grundsätzlich muss also alles, was »gefällt werden« kann, auch »fallen« können. Ich räume ein, dass dies umgekehrt nicht zutrifft: Was neben dem Fällen ebenfalls ein Fallen verursachen kann, sind das (Um-)Werfen, (Um-)Stürzen, (Auf-)Treffen, Schubsen o. Ä., während es fürs Fällen, zumindest bei affizierten Objekten, einer (festen) Verwurzelung bedarf.

Jedes Urteil ist eine Entscheidung. (Auch hier ist der Umkehrschluss unzulässig.) Dass ein Urteil eher gefällt wird als fällt, während eine Entscheidung nur fällt, aber nicht gefällt wird, halte ich dabei lediglich für einen idiomatischen Zufall: Es hat sich halt irgendwann einmal so eingebürgert. Beides, das Fällen des Urteils und das Fallen der Entscheidung, ist hier aber im übertragenen Sinne zu verstehen, ebenso wie bei einem »gefallenen« Soldaten: Der braucht nicht unbedingt wirklich (wörtlich) umzufallen, um zu fallen, sondern kann ebenso bereits im Schützengraben liegend (von einer feindlichen Kugel oder Granate getroffen) aus dem Leben gerissen werden kann.

Auch Entscheidungen werden irgendwann getroffen. Solange der Entscheidungsprozess aber noch im Gange ist, sind sie, bis sie fallen, »in der Schwebe« oder »anhängig« (vgl. engl. »pending«). Um das abzukürzen und gewissermaßen ein »Gottesurteil« herbeizuführen, kann man Knochen, Runen oder Würfel werfen, oder auch einfach nur eine Beschuldigte in ein Gewässer oder Moor, dann sieht man's ja!

Übrigens habe ich nicht behauptet, dass deutsch »fällen« dem lateinischen »caedere« entspricht. Ich habe lediglich gesagt, dass »fällen« zu »fallen« im gleichen Verhältnis steht wie »caedere« zu »cadere«, nämlich in einem kausativen. Bei meinem Beispiel mit dem »gefallenen« Soldaten trifft allerdings sogar zu, dass »cadere« dt. »fallen« entspricht.

Mit dieser doppelten Bedeutung von »fallen« hat übrigens auch die Sängerin Alexandra kokettiert, als sie 1968 textete und sang:

Mein Freund, der Baum ist tot
Er fiel im frühen Morgenrot

https://www.youtube.com/watch?v=bADHWv-EDF8

In diesem Zusammenhang auch schön:

Ein Mann geht ins Lokal,
Sucht die Dame seiner Wahl.
Und mit Worten öd und schal
Bringt dieselbe er zu Fall.

https://genius.com/Erste-allgemeine-verunsicherung-kuss-die-hand-schone-frau-lyrics