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Rezensionen

KLUGE – Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (2002)

kluge_klein.jpgDas "Etymologische Wörterbuch der deutschen Sprache" von Friedrich Kluge ist in Fachkreisen als "Der KLUGE" längst ein fester Begriff geworden. Die CD-ROM-Version bietet - bei alphabetisch indizierten Stichwortverzeichnissen nicht überraschend - gegenüber der gebundenen Ausgabe bei gleichem Preis deutlich bessere Recherche-Möglichkeiten und brilliert als Nachschlagewerk ebenso wie als assoziativer Wegweiser durch die umfangreiche Bedeutungsgeschichte der deutschen Sprache.

kluge.jpgWurde der Granatapfel nach der Granate benannt oder war es umgekehrt? Und heißt der Regenwurm eigentlich so, weil er den Regen meidet oder weil er ihn mag? Wieso spricht man von einer "Gardinenpredigt" und warum weinen wir "Krokodilstränen"? Interessiert man sich weniger für die Schreibweise, sondern mehr für die Bedeutung und Herkunft eines Wortes, muss ein etymologisches Wörterbuch her, auf deutsch: ein Herkunftswörterbuch. Der KLUGE ist bereits 1883 das erste Mal erschienen und seitdem kontinuierlich gepflegt worden. In der nunmehr 24. Auflage findet sich hier immerhin die Entstehungs- und Bedeutungsgeschichte von rund 13.000 deutschen Wörtern und ins Deutsche eingeflossenen Fremdwörtern. Heute altertümlich anmutende Ausdrücke wie "gebumfiedelt" finden ihre Erklärung dabei ebenso wie der neuzeitliche "GAU".

Gerade die elektronische Ausgabe lockt dabei durch die hypertextuelle Verlinkung relevanter und ähnlicher Begriffe zum eher assoziativen Gebrauch, wodurch sich oft überraschende Querverbindungen entdecken lassen, etwa dass "Rabatte" im Sinne von einfassenden Blumenbeeten über das niederländische rabat für "Faltenstreifen an der Gardine, Kleidersaum" und das französische rabattre für "umschlagen, niederdrücken" durchaus etwas mit den gleichnamigen Preisnachlässen zu tun haben.

Auf eine Umsetzung der neuen deutschen Rechtschreibung hat man auch bei der 24. Auflage verzichtet. So erfährt man zwar, dass ein "Quentchen" semantisch durchaus mit der "Quintessenz" zusammenhängt, nach dem neudeutschen "Quäntchen" fahndet man hingegen vergeblich. Dies mag zwar für ein Werk, welches sich mit der historisch gewachsenen Bedeutung von Wörtern beschäftigt, konsequent erscheinen, dennoch hätte man wenigstens der Suchfunktion ein wenig mehr Varietäten gönnen können, beispielsweise eine zuschaltbare Egalisierung von "ss" und "ß", die nicht nur "Neuschreiblern", sondern auch Schweizern zupasskäme.

Das elektronische Wörterbuch lässt sich vollständig auf die Festplatte kopieren und beansprucht dort mit 40 MB ein in Zeiten von 50-GB-Platten eher bescheidenes Eckchen. Die Bedienung des Wörterbuchs erfolgt über das Programm Folio Views, welches zwar machtvolle Möglichkeiten der Recherche birgt, dem man aber auch ansieht, dass es eher aus der wissenschaftlichen Ecke kommt, wo Fragen nach Usability oder Interface-Gestaltung traditionell zweitrangig behandelt werden. So wundert sich der Laie nicht nur über das in Suchboxen abverlangte "Lemma", welches schlicht ein Stichwort meint, sondern darf sich auch mit einer verschachtelten Menü- und Fenstertechnologie herumschlagen, die schon zu Windows-95-Zeiten als überholt galt. Leider führt auch die Hilfe-Funktion meistens ins Leere, da diese sich nur auf das Betrachterprogramm Folio Views bezieht, nicht aber auf die Wörterbuch-Anwendung. Hier wäre bei späteren Versionen unbedingt eine einfachere Zugänglichkeit wünschenswert. Immerhin: Mit einfacher Suchmaske, aufklappbarem alphabetischem Index, hypertextueller Vernetzung und browserähnlichen Zurück- und Vorwärts-Buttons sind zumindest die Grundfunktionen schnell beherrschbar.

Insgesamt erwirbt man mit dem "elektronischen KLUGE" ein Wörterbuch für die Festplatte, welches nicht nur gute Dienste als Nachschlagewerk tut, sondern auch von "Aal" bis "Zypresse" zu so manchem interessanten Ausflug zu den innersten Geheimnissen der deutschen Sprache einlädt, wobei sich einem oft auch erhellende Einblicke in die deutsche Kultur- und Gesellschaftsgeschichte eröffnen.

Friedrich Kluge
Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache
2002, Verlag Walter de Gruyter
CD-ROM, Windows

Hinweis: Diese Besprechung bezieht sich auf eine ältere Auflage. Um meine Kritik der aktuellen Ausgabe des KLUGE zu lesen, klicken Sie bitte hier.

Julian von Heyl am 05.12.03 | Kommentare (2) | Visits: 3044

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Welches Wörterbuch bietet den besten Mehrwert, welche lexikalische Software sollte man in jedem Fall auf seinem Computer haben? Hier finden Sie einige Besprechungen ausgewählter Fachliteratur.

Kommentare

1  Dr. Hubertus Tilkorn

Sehr geehrte Damen und Herren,

gibt es auch eine elektronische Version des KLUGE für einen PDA.
Daran wäre ich sehr interessiert.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
H. Tilkorn

Geschrieben von Dr. Hubertus Tilkorn am 01.02.11 14:05

2  Julian von Heyl

@Dr. Hubertus Tilkorn: Leider nein.

Geschrieben von Julian von Heyl am 01.02.11 14:19

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