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Kurz erklärt

gewöhnt versus gewohnt

Wenn man mit etwas vertraut ist, ist man dann daran gewöhnt oder gewohnt? Die beiden Adjektive haben eine recht ähnliche Bedeutung, werden im Satz aber unterschiedlich verwendet.

Bei gewöhnt handelt es sich um das Partizip II zu »(sich) (an etwas / jemanden) gewöhnen«, und wie das Verb wird es grundsätzlich mit an oder mit daran verbunden:

  • Ich bin daran gewöhnt, dass alles schiefgeht.
  • Einen Aufzug brauche ich nicht, ich habe mich ans Treppensteigen gewöhnt.
  • Nur langsam hatten wir uns im Urlaub an die Hitze gewöhnt.

Merkhilfe: Hat man sich an etwas gewöhnt, so hat sich eine Gewöhnung vollzogen.

Das Adjektiv gewohnt lässt sich wiederum auf das Verb »gewohnen« zurückführen, welches ebenfalls »vertraut werden (mit)« bedeutet, aber in dieser Form veraltet ist. Mit gewohnt lassen sich ganz ähnliche Sätze wie oben bilden, jedoch wird es nicht mit an, sondern mit dem Akkusativ verbunden:

  • Ich bin [es] gewohnt, dass alles schiefgeht.
  • Einen Aufzug brauche ich nicht, ich bin das Treppensteigen gewohnt.
  • Wir genossen den Urlaub vom ersten Tag an; die Hitze waren wir gewohnt.

Merkhilfe: Ist man etwas gewohnt, so ist es für einen eine Gewohnheitssache.

Der früher übliche Genitiv – ich bin des Leides gewohnt – gilt als veraltet; hingegen begegnet man häufig Satzkonstruktionen mit zu und dem Infinitiv: Sie war [es] gewohnt, hart zu arbeiten. Er wurde nie rot; zu schwindeln war er gewohnt.

Julian von Heyl am 11.05.17 | Kommentare (7) | Visits: 2571

Rubrik Kurz erklärt:

Die deutsche Sprache ist gespickt mit Fallstricken. Hier gehen wir auf ausgewählte Problemfälle ein und liefern kurze Erklärungen und Definitionen zu Schreibweise, Grammatik und praktischer Anwendung.

Kommentare

1  Christoph Schwarz

Für deutsche Komposita brauchen Sie unbedingt einen Kompositazerleger. Die Firma Linguatec in Pasing bei München hat so etwas.

MFG

Geschrieben von Christoph Schwarz am 15.09.17 22:24

2  Wehhofer

Das ist meiner Ansicht nah eine mögliche Erklärung.
Naheliegender ist für mich, wenn schon erklärt:
gewohnt heißt i.d.R. in der Kindheit verinnerlicht b.z.w. imitiert
gewöhnt heißt später antrainiert i.d.R. nach Umstellung

Geschrieben von Wehhofer am 08.04.18 13:02

3  Rainer Gelting

Vielen Dank für die Merkhilfe.

Geschrieben von Rainer Gelting am 19.12.18 17:01

4  Michaela Roloff

Nu bin ich genau so schlau wie vorher 🤔😹😹

Geschrieben von Michaela Roloff am 12.09.19 17:57

5  Elfriede

@ Michaela Roloff: Mir geht es wie Ihnen!

Geschrieben von Elfriede am 29.09.19 09:39

6  Helmut Burmeister

Das ist doch ganz einfach: an etwas gewöhnt sein - es gewohnt sein. Man überlege sich einfach nur, ob man mit Präposition oder einfachem Akkusativ konstruieren möchte. Und das regelt das Sprachgefühl.

Geschrieben von Helmut Burmeister am 24.12.19 15:40

7  Frische Tomate

Sehr geehrter Herr Schwarz,

ich habe bei der Firma Linguatec in Pasing nachgefragt und sie hatten leider keinen Kompositazerleger mehr auf Lager. Zudem konnte mir auch dort nicht erklärt werden, wo denn nun der Zusammenhang zum Wort gewohnen besteht. Ich bitte Sie, als erfahrenen Linguistiker, dass Sie mir da weiterhelfen. Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen

MfG
Dr. med. Tomate, Frische

Geschrieben von Frische Tomate am 12.01.20 21:30

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