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Kurz erklärt

abnorm, abnormal, anomal, anormal und unnormal

Will man ausdrücken, dass etwas von der Norm, vom Gewöhnlichen oder von der Regel abweicht, bietet die deutsche Sprache eine verwirrend große Auswahl an. Worin bestehen denn eigentlich die Unterschiede zwischen abnorm, abnormal, anomal, anormal und unnormal? Zum Teil überschneiden sich die Bedeutungen; dennoch gibt es semantische Differenzierungen, wann man was sagt.

Der Begriff abnorm wird vorwiegend im medizinischen oder psychologischen Bereich verwendet und ist dem lateinischen abnormis = von der Regel abweichend entlehnt. Mit Zuordnungen wie abnorm veranlagt sein wird entsprechend ausgedrückt, dass jemand in einer bestimmten Veranlagung stark davon abweicht, was medizinisch oder psychologisch als normal oder gesund angesehen wird. Jenseits der Fachsprache wird abnorm aber auch als Steigerungsadverb im Sinne von ungewöhnlich; außergewöhnlich verwendet: »Heute ist es aber abnorm kalt!«

Eng verwandt, da von abnorm abgeleitet, ist das Adjektiv abnormal. Es wird in einem ähnlichen, aber allgemeineren Sinne von krank; widersinnig verwendet. So spricht man von einer abnormen Veranlagung, aber von einem abnormalen Verhalten oder von einem abnormalen Benehmen.

Das Adjektiv anomal stammt aus dem Lateinisch-Griechischen, von anomalus = unregelmäßig; ungleichmäßig. Im Unterschied zu abnorm bezeichnet es in der Fachsprache vor allem Unregelmäßigkeiten – Anomalien – in der Entwicklung, etwa auf das Wachstum bezogen oder auch auf Entwicklungsphasen beim Kind. Ähnlich wie abnorm wird das Wort jedoch auch im übertragenen Sinne als verstärkendes Adverb gebraucht für alles, was ungewöhnlich ist, als »nicht normal« empfunden wird: »Heute war auf der Arbeit aber anomal viel los!«

Die Schreibweise anormal wird häufig für eine Falschschreibung von anomal gehalten; tatsächlich handelt es sich um eine nach Duden völlig korrekte Kontamination (Mischform; Verschmelzung) aus griech.-lat. anomalus und mittellat. normalis. Das Präfix a- hat hier simpel eine verneinende Funktion; genau wie atypisch für nicht typisch steht, steht also anormal für nicht normal.

Ebenfalls für nicht normal steht unser letzter Kandidat unnormal. Doch ganz gleich, für welchen Ausdruck man sich entscheidet: Man sollte sich immer vor Augen halten, dass das, was als »normal« oder als »nicht normal« anzusehen ist, in hohem Maße gesellschaftlichen und kulturellen Sichtweisen unterworfen ist, die einem fortlaufenden Wandel unterliegen. Mit allzu vorschnellen Festschreibungen, dass etwas abnorm, abnormal, anomal, anormal oder unnormal ist, sollte man also zurückhaltend sein.

Julian von Heyl am 25.10.16 | Kommentare (8) | Visits: 60909

Rubrik Kurz erklärt:

Die deutsche Sprache ist gespickt mit Fallstricken. Hier gehen wir auf ausgewählte Problemfälle ein und liefern kurze Erklärungen und Definitionen zu Schreibweise, Grammatik und praktischer Anwendung.

Kommentare

1  Andreas

Ist das Euer Ernst ?
Unnormal als Wort?
Deutsche Sprache zu was verkommst Du....
Nur weil der Großteil in Deutschland nicht mehr fähig ist zu schreiben, geschweige denn zu sprechen und die Schule auch nicht mehr in der Lage ist, einen gesunden Wissensstand zu vermitteln, bedeutet das doch nicht, dass wir die Sprache als solches vereinfachen und uns an den Bodensatz des Intellekts anpassen müssen.

Geschrieben von Andreas am 12.01.19 10:22

2  Ralf

Schön ausgedrück Andreas!

Ich würde im Kontext gar hinzufügen wollen, dass der letzte Absatz nichts mit einem (dem) Duden zu tun hat, wenngleich gemäß des Zeitgeistes sicherlich der eine oder andere Mensch davon profitieren könnte.

Geschrieben von Ralf am 23.03.19 21:32

3  Hans

Der Genitiv ist dem Dativ sein Tod, Ralf!

Geschrieben von Hans am 04.04.19 11:26

4  Frieda

#1,2, Dünkel, verbunden mit Schachtelsätzen, werden der Sprachfähigkeit und der Entwicklung der Sprache nicht aufhelfen.

Geschrieben von Frieda am 20.01.20 15:22

5  rüdiger

Was soll die Aufregung über das Wort "unnormal"? Von Sprachverflachung kann doch keine Rede sein, wenn man sich der geltenden und gebräuchlichen Regeln zur Wortbildung bedient. Dass die Regularien dem angepasst wurden/werden, was Usus oder Jargon ist oder sich "auf der Straße" durchsetzt, ist die eine Sache; die Möglichkeiten innerhalb der Regeln aber zur Sprachgestaltung auszunutzen doch wohl eine ganz andere.

Geschrieben von rüdiger am 24.01.21 16:11

6  Fabian Bösch

Soll ich statt unwürdig awürdig schreiben/sagen?

Ich sage auch nicht wegen der Atombomben, sondern wegen den Atombomben. Am Ende ist es doch so: nicht die Politiker oder Duden bestimmt wie Menschen zu sprechen und zu schreiben haben. Sondern die Menschen selbst. Bevor man sich darüber aufregt, dass Menschen unnormal sagen/schreiben, soll man sich über die Anglizismen und das Gendern aufregen 😅 denn das ist unnormal

Geschrieben von Fabian Bösch am 06.07.23 20:04

7  Unnormal

Reinstes Comedygold die Kommentare, ist ja unnormal!

Geschrieben von Unnormal am 13.07.23 15:15

8  Johanna

2 hat vollkommwn recht, der Duden ist nicht für moralische Belehrungen da.

Geschrieben von Johanna am 09.10.23 11:51

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