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Nachgefragt

jagdbar versus jagbar

Frage
Mit der Endung »-bar« lässt sich bekanntlich in Verbindung mit einem Verbstamm ausdrücken, dass die im Verb ausgedrückte Tätigkeit auf die beschriebene Person oder Sache anwendbar ist: Etwas ist essbar oder trinkbar, ausziehbar oder klappbar; jemand ist ansprechbar oder angreifbar.

Aus der Reihe scheint mir hier der Ausdruck »jagdbar« zu tanzen, mit dem ausgedrückt wird, dass ein Tier grundsätzlich gejagt werden kann oder darf. Entgegen der Erwartung wird hier anscheinend die Endung »-bar« nicht mit dem Verb »jagen«, sondern mit dem Substantiv »Jagd« verknüpft.

Könnten Sie erklären, wie es zu dieser kuriosen, vom normalen Bildungsmuster abweichenden Form gekommen ist? Und, als Zusatzfrage: Wäre als Ad-hoc-Bildung aus »jagen« und »-bar« auch »jagbar« denkbar bzw. korrekt?
Julian von Heyl, korrekturen.de

Antwort
Das Adjektiv »jagdbar« ist tatsächlich ein sehr interessantes Wort, da es sich von der gängigen Regel der Bildungen mit dem Suffix »-bar« unterscheidet. Das Suffix »-bar« bildet Adjektive mit Verbstämmen hauptsächlich transitiver Verben (z. B. »abwaschbar«), seltener und nicht mehr produktiv auch intransitiver Verben (z. B. »verfügbar«). Es gibt allerdings auch mehrere Adjektive, die aus dieser Regel herausfallen und mit Substantiven und »-bar« gebildet werden. Beispielhaft sind »furchtbar«, »fruchtbar« oder »schandbar«. Diese Wörter belegen, dass »jagdbar« keineswegs ein Einzelfall ist, aber zu einer Sondergruppe gehört.

Schaut man in die juristische Fachsprache, findet man dort weitere Kombinationen aus Substantiven und »-bar«: »dienstbar«, »steuerbar«. Darüber hinaus gibt es substantivierte Formen aus der Kombination aus Substantiv, Suffix »-bar« und Suffix »-keit«: »Dienstbarkeit«, »Steuerbarkeit«, aber auch »Verwaltungsgerichtsbarkeit«, »Schiedsgerichtsbarkeit« usw. Es wäre denkbar, dass »jagdbar« eine Rückbildung von »Jagdbarkeit« ist, was die juristische Berechtigung zum Jagen fachsprachlich benennt.

Wir haben in unserer Recherche außerdem einen Blick in die Wortherkunft von »jagdbar« geworfen und es zeigt sich, dass im Mittelhochdeutschen »jagebaere« tatsächlich mit dem Verb und nicht mit dem Substantiv gebildet wurde und erst später das Substantiv an die Stelle des Verbs trat. Damit ist »jagdbar« nicht das einzige Wort, das sich so entwickelt hat: Auch beim Kompositum »Jagdhund« sehen wir im Mittelhochdeutschen die Entwicklung von »jagehunt« (mit Verb) zu »jagethunt« (mit Substantiv).

Zu Ihrer Frage, ob »jagbar« als Ad-hoc-Bildung korrekt wäre: Aus der rein morphologischen Perspektive wäre es korrekt, es wird allerdings lexikalisch durch die Existenz von »jagdbar« blockiert.
Dr. Laura Neuhaus, Marcelina Opitz, Dudenredaktion

Julian von Heyl am 14.01.23 | Kommentare (2) | Visits: 13696

Rubrik Nachgefragt:

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Kommentare

1  Heinrich

Für mein Empfinden sind sowohl "jagdbar" als auch "jagbar" mögliche Formulierungen. Der Begriff jagdbar drückt danach mehr die rechtliche Seite aus: dem Jagdrecht unterworfen zu sein, mindestens theoretisch zu bejagen zu sein. Jagbar bezieht sich dagegen mehr auf die praktische Seite: ein Tier, das für eine Bejagung überhaupt praktisch zur Verfügung steht, also sichtbar ist, dort erscheint, wo Jagd möglich ist (mitten in der Stadt ist sie es nicht), eine realistische Chance offenbart, sich erwischen zu lassen, ist jagbar. Ein Tier, das sich immer im Erdreich verbirgt oder an sonstwie unzugänglichem Ort aufhält (oder an einem die Jagd verhindernden, z.B. Innenstadt), ist ebensowenig jagbar, wie eines, dessen mit unseren Jagdmethoden nicht erfolgreich habhaft geworden werden kann. Selbst wenn jenes grundsätzlich jagdbar ist, ist es eben nicht jagbar.

Geschrieben von Heinrich am 01.04.24 13:05

2  Michael

So sind "jagdbar" und "jagbar" also offenbar Begriffe mit unterschiedlicher Bedeutung. Warum sollte daher "jagdbar" das bedeutungsabweichende "jagbar" lexikalisch blockieren?

Geschrieben von Michael am 24.09.24 15:27

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