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Kurz erklärt

postum versus posthum

Heißt es postum oder posthum, wenn »nach dem Tod« gemeint ist? Das Adjektiv-Pärchen ist ein gutes Beispiel für eine volksetymologische Umdeutung, bei der die tatsächliche Wortherkunft durch eine empfundene Nähe zu anderen Wörtern verändert wird.

Beide Formen gelten als richtig und lassen sich in gleicher Weise als Adjektive verwenden: eine posthume Ehrung; eine postume Veröffentlichung. Zumeist wird der Ausdruck verwendet in Zusammenhang mit Würdigungen, Ehrungen, Publikationen, die erst nach dem Tod eines Künstlers erfolgen.

Das Wort postum wurde aus lat. postumus entlehnt, was so viel heißt wie: »letzter; letztes Werk; nachgeboren«. Genaugenommen handelt es sich um den Superlativ von posterus = nachfolgend. Doch schon im Lateinischen gab es – ab dem Mittelalter – die Nebenform posthumus, die sich aus post = nach und humus = Erde; humare = beerdigen zusammensetzte, also die sehr viel konkretere Bedeutung post humationem – »nach dem Begräbnis« – hatte. Eine solche Schaffung eines weiteren semantischen Bezugs bezeichnet man als Sekundärmotivation oder auch als volksetymologische Umdeutung.

Während im Lateinischen posthumus offensichtlich eine volksetymologische Variation von postumus ist, bedeutet das nicht, dass postumus auch im Deutschen die ältere Form ist. Im Gegenteil scheint eher der Fall zu sein, dass zunächst – im 18. Jahrhundert – die Form posthum ins Deutsche übernommen wurde, und man sich erst später auf die ursprüngliche Form postum besann.

Sprachpedanten, die »posthum« mit einem Verweis auf »postum« ablehnen, müssen sich also doppelt belehren lassen: Zum einen gelten die beiden Formen als absolut gleichwertig, zum anderen: Wenn man schon die im Deutschen ältere Form bevorzugen wollte, wäre dies wohl »posthum«.

Julian von Heyl am 28.07.13 | Kommentare (6) | Visits: 3335

Rubrik Kurz erklärt:

Die deutsche Sprache ist gespickt mit Fallstricken. Hier gehen wir auf ausgewählte Problemfälle ein und liefern kurze Erklärungen und Definitionen zu Schreibweise, Grammatik und praktischer Anwendung.

Kommentare

1  no name

Die Schwierigkeiten der Deutschen mit ihrer Sprache sind Legion. Immer wieder werden neue Abarten erfunden, wird unerträglich eingedeutscht, was nicht deutsch ist oder war, gutes Beispiel Spagetti statt Spaghetti.
Das Wort oben heißt richtig posthum. Postum ist eine neudeutsche Erfindung.

Geschrieben von no name am 07.03.19 09:27

2  Herrmann

Mir hat der Artikel sehr gut gefallen, einleuchtend und gut geschrieben. In meinem Sprachschatz liegt seit Langem der Begriff "posthum", wogegen mir "postum" erst in Texten aus neuerer Zeit aufgefallen ist. Ich werde weiterhin posthum mit h verwenden.

Geschrieben von Herrmann am 31.07.20 08:29

3  Luhn Irene

Habe eben mit Verwunderung in den Nachrichten mehrmals postum gelesen. In der Bedeutung ‚ nach dem Ableben‘ kommt für mich nur posthum in Frage.

Geschrieben von Luhn Irene am 09.04.21 09:24

4  Alexa Clasius

zu '1 no name': ''Legion''? Sie geben sich selbst unmittelbar recht.

Geschrieben von Alexa Clasius am 07.10.21 04:36

5  Hartmut Kremer

Dieser Erklärung folgend scheint mir "posthum" für (sämtliche) nach dem Ableben veröffentlichte Werke deutlich präziser als "postum", denn letzteres bedeutet ja offenbar nur "letztes" oder (im Sinne des Superlativs) "allerletztes" Werk. Das allerletzte Werk kann aber natürlich auch zu Lebzeiten veröffentlicht werden.
Im Übrigen müssen die Wörter beide ganz unterschiedlich ausgesprochen werden. Während "postum" nach den lateinischen Regeln auf der ersten Silbe betont und das "u" kurz gesprochen wird, muss man "posthum" zwangsläufig auf der zweiten Silbe betonen und das "u" lang sprechen.

Geschrieben von Hartmut Kremer am 27.01.23 13:29

6  Lore Mayer

Für mich gar keine Frage: als Adjektiv in einem deutschsprachigen Text weiterhin nur posthum.
Die lateinische Form ohne "h" in Sonderfällen, wie z. B. beim im 15.Jahrhundert jung verstorbenen Habsburger Ladislaus Postumus.

Geschrieben von Lore Mayer am 22.04.23 07:42

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